Geld und Blut fließen

Der Briefroman enthält eine Fülle an überlieferten Schriftstücken einer gut situierten bürgerlichen Arztfamilie im Ersten Weltkrieg. Die Autorin entstammt den Nachkommen der im Roman zentral gesetzten Figur Elsbeth, die Mutter zweier Söhne ist. Der Briefverkehr zwischen Mutter und Söhnen verweist auf Kriegswehen und Kriegerstolz, vulgo Heldenehre und oftmals auch Heldentod. Der Beginn des Krieges mutet teils harmlos an: Man(n) ist freundlich zu den Franzosen und Französinnen im Privatquartier, bezahlt privat für die Unterkunft, so wird es brieflich erläutert, nur im Felde wird geschlachtet, wobei es markante Unterschiede zwischen West- und Ostfront gibt. Dennoch beeinträchtigen die Dauer des Einsatzes, das Vorhandensein von Läusen, Flöhen und ein – im Roman auf Momente reduzierter – Mangel an Nahrung das Heldenpathos. An keiner Stelle des Buches wird die Sinnhaftigkeit des Einsatzes durch die beteiligten Familienmitglieder längerfristig in Frage gestellt. Ein zentrales Element des Buches ist die Darstellung des funktionalen Einsatzes von Feldpost zur Aufrechterhaltung und körperlichen Erhaltung der Soldaten: Geld, Liebesbekundungen und letztlich auch Blut fließen. Krieg ist ein Geschäft: Wie dieses aufgebaut ist und trotz Leid und Mangel (für viele) funktioniert, lässt sich anhand des Romans gut nachvollziehen. Es ist definitiv keine Friedenssaga, für die Leserin war es ein Einblick in bürgerliche Lebensverhältnisse zu Beginn des 20. Jahrhunderts – Dienstboten inklusive.
Gerlinde Mauerer
Gunilla Budde: Feldpost für Elsbeth. Eine Familie im Ersten Weltkrieg. 576 Seiten, Wallstein, Göttingen 2019 EUR 25,60