Im besten Alter

Es ist gewöhnungsbedürftig: Die Autorin spricht die Leserin direkt an, erzählt wie in einem inneren Monolog die Geschichte einer Frau „in den besten Jahren“ als wäre es die eigene. „Der Tag, an dem Sie ihren Vergrößerungsspiegel kauften, war kein guter.“ Es ist der Startschuss einer Reise durch den Verschönerungsdschungel – Schönheitschirurgie kommt zwar nicht in Frage, aber Cremes, Chemikalien und sonstige Hilfsmittel werden ausprobiert, um das Rad der Zeit zu stoppen. Der Besuch beim Frauenarzt, um mit ihm die Nebenwirkungen des Wechsels zu besprechen, ist ein Desaster. Irgendwann landet die Protagonistin, also die Leserin, im Kapitel „Wahre Schönheit kommt von innen“ und konzentriert sich mehr auf die geistige Jugend, die eigenen Stärken. Die Reise, auf die uns Sandra Schönthal mitnimmt, ist durchaus unterhaltsam. Es darf geschmunzelt werden. Allerdings ist es ein recht elitärer Ausschnitt, der uns hier präsentiert wird. Die Probleme, mit denen sich die offensichtlich eher wohlhabende Protagonistin herumschlägt, möchte manch fünfzigjährige Mindestlohnbezieherin gern haben. Und Sätze wie „Bevor mir in der U-Bahn ein Platz angeboten wird, werde ich lieber sexuell belästigt“ machen aus dem Roman nicht gerade ein feministisches Aufklärungswerk – zumindest reicht mein Humor dafür nicht aus. GaH

Sandra Schönthal: Shades of Fifty. Wenn kein Hahn mehr nach dir kräht. 160 Seiten, Orac, Wien 2016 EUR 19,90