Lesben Diskriminierung

Die bekannte feministische Sprachwissenschaftlerin Luise F. Pusch ist 1944 geboren. In ihrer Autobiografie, die sich auf ihre Kindheits- und Jugenderlebnisse bezieht, beschreibt sie anschaulich, wie schwierig es für sie war, ihre lesbischen Gefühle zuzulassen. Ihre Zuneigung zu anderen Mädchen, später zu jungen Frauen, war geprägt von Geheimnissen und Entbehrungen, da Homosexualität ähnlich wie in Österreich in Deutschland in dieser Zeit unter Strafe stand und nicht offen gelebt oder erklärt werden konnte. Erst mit der Zweiten Frauenbewegung konnte sich die Autorin emanzipieren und ihre sexuelle Identität öffentlich deklarieren und leben. Sie plädiert heute als fast 80-jährige Frau dafür, sich engagiert als Lesbe zu Wort zu melden, um künftigen Generationen das Leid zu ersparen, welches ihr widerfahren ist. Das heteronormative, allgemeingültige Familienbild als Ordnungsprinzip, mit dem Luise F. Pusch sozialisiert wurde, hatte zur Folge, dass für sie damit ein besonders hoher emotionaler Leidensdruck verbunden war. Ein Symptom dieser unterdrückten Lebensweise waren für sie selbst ihre ständigen Schweißausbrüche, wenn sie sich emotional einer Frau gegenüber hingezogen fühlte. Insbesondere für jüngere Frauen bietet die Autobiografie wichtige Einblicke darüber, was in den letzten Jahrzehnten von Frauen erkämpft und durchgesetzt wurde. Die gesellschaftlichen durchschnittlichen Familienverhältnisse werden dabei genau unter die Lupe genommen. Klar wird der Leserin wieder einmal, wie repressiv die Gesellschaft historisch gegenüber homosexuellen Menschen gewirkt hat und wie wichtig es ist, den heutigen Status quo zu verteidigen. Empfehlenswert!
ML
Luise P. Pusch: Gegen das Schweigen. 267 Seiten, AvivA Verlag, Berlin 2023 EUR 22,70