Literarisches Vermächtnis

Die Kurzgeschichten und Essays von Marina Keegan sind kaum ohne das Bewusstsein über jenen tragischen Unfalltod zu lesen, der die junge Autorin kurz nach ihrem Abschluss an der Yale University 2012 ereilte. Zwei Jahre danach veröffentlichten ihre Eltern nun aus dem Nachlass der Literaturstudentin eine Sammlung ganz unterschiedlicher Geschichten und Textsorten. Am Beginn steht Keegans Abschlussrede aus Yale, die vor Optimismus und Weltoffenheit sprüht. Es folgen neun Kurzgeschichten, die von College-Liebesbeziehungen über nackte Vorleserinnen bis zum Sterben unterm Meer reichen. Keegan erzeugt in vielen dieser Geschichten sehr starke Grundstimmungen und bemerkenswerte Einfühlung in ihre Figuren. Die äußerst unterschiedlichen Texte lassen das große Potenzial spüren, das die junge Autorin wohl noch entwickelt hätte. Abgerundet wird der Band durch acht Essays, in denen sich Keegan verschiedene Gedanken über den Lauf der Welt macht. Am Ende des letzten Essays steht der Wunsch, vor dem Tod mit einem Mirko auf einen Funkturm zu steigen: „Hallo, sage ich dann zum Weltall, hier ist meine Visitenkarte.“ Mit diesem Band hat Keegan posthum ihre Visitenkarte in der literarischen Welt hinterlassen. Kordula Knaus
Marina Keegan: Das Gegenteil von Einsamkeit. Stories und Essays. Aus dem Amerikanischen von Brigitte Jakobeit, 286 Seiten, S. Fischer Verlag, Frankfurt/M. 2014EUR 19,60