Mythen und Tabus

Die Frauenärztin Katharina Stör schreibt aus dem Alltag in ihrer Praxis. In kurzen Kapiteln berichtet sie von den Hauptfragen, die sich ihre Patientinnen zu ihrem Körper stellen und erklärt, dass sich die meisten um ganz natürliche Sachen große Sorgen machen, weil sie sich kaum mit ihrem Körper auskennen. Für die Leserinnen zählt sie die wichtigsten Funktionen jedes besprochenen Körperteils auf, informativ und leicht verständlich. Dennoch fällt es schwer, das Buch genüsslich zu lesen – die Empörung über Schönheitserwartungen an den weiblichen Körper, die kaum etwas mit Natürlichkeit oder Gesundheit zu tun haben, ist nachvollziehbar, aber es ist fraglich, ob das Aufregen darüber tatsächlich der beste Weg ist, damit umzugehen. Auf eine Frau, die selbst umlernen muss, wie sie über den weiblichen Körper denkt und dabei von ihrer Frauenärztin Verständnis und Unterstützung erwartet, wirkt dieses Buch wie Hohn über die eigenen Schwachstellen, an denen man bewusst arbeitet. Der angeeignete „männliche Blick“ auf den weiblichen Körper ist ein starker Feind für die Annahme und Liebe zum (eigenen) weiblichen Körper, das zeigt
Katharina Stör überzeugend, und man ist froh, diese Gedanken von anderer Seite zu hören. Trotzdem ist der Tonfall der Texte etwas unangenehm.
Lilian Karr
Katharina Stör: Liebe deine Vulva! 120 Seiten, Marta Press, Hamburg 2019 EUR 20,00