Posthumanwerden 

Rosi Braidottis 2013 erschienenes Buch „The Posthuman“ liegt nun im Campus Verlag erstmals auch auf Deutsch vor. Braidotti plädiert darin für einen Paradigmenwechsel in der Gesellschaftstheorie. Kritik muss wieder auf politischen Aktivismus zurückbezogen werden. Im Sinne einer posthumanen Humanität soll sich eine zeitgemäße Gesellschaftstheorie der Frage widmen, wie wir angesichts einer globalisierten, kommerzialisierten und technisierten Welt den inhumanen Entwicklungen unserer Zeit entgegen treten können. Der humanistische Universalismus trägt einen Eurozentrismus in sich, der als Zivilisationsideal im 19. Jahrhundert den Imperialismus Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens befördert hat und zum Grundelement unserer kulturellen Praxis geworden ist, so Braidotti. Grundlegend für den universalen Humanismus sei die binäre Logik des Selbst und des Anderen und damit ein abwertender Begriff von Differenz. Auf Basis ihrer Ausführungen zu Post-Anthropozentrismus, Biopolitik und posthumaner Subjektivität verortet Braidotti den Schlüssel einer posthumanen kritischen Theorie in der Methodologie. Das Modell des humanistischen „Man of reason“ muss überwunden werden und einem verleiblichten und eingebetteten, nomadischen Denken weichen, das ethische Beziehungen, Normen und Werte schafft, die der Komplexität unserer Zeit gerecht werden und sich am Gemeinwohl orientieren. Ein guter Überblick über Braidottis Denken, der Ausführungen zu (Post-)Humanismus mit neo-materialistischen Debatten verbindet.

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Rosi Braidotti: Posthumanismus. Leben jenseits des Menschen. 214 Seiten, Campus, Frankfurt/M.-New York 2014 EUR  25,60