Queer ohne Grenzen?

Intensive Mutterschafts- und Ehepropaganda war nicht nur während des Naziregimes ein Problem, sondern auch in den deutschen Nachkriegsrepubliken – insbesondere der BRD. Diejenigen, die sich widersetzten, wurden benachteiligt sowie nicht selten unter Druck gesetzt, denunziert, vertrieben, verfolgt und ermordet. Von den Mutigen, die im zwanzigsten Jahrhundert dennoch entgegen der heteronormativen und zweigeschlechtlichen Ordnung lebten – und auch heute leben – handelt dieses Buch bzw. von den Forschungsarbeiten über sie: den Pionierarbeiten, den neueren und ausstehenden Arbeiten, welche die Vielfalt sexueller und geschlechtlicher Existenz beleuchten. Auf – fatale – naturalisierende Erklärungen und Kategorien soll in Zukunft allerdings verzichtet werden, denn bei diesen spielte auch der Namensspender der neugegründeten Stiftung Magnus Hirschfeld (Hg.) eine ambivalente Rolle. Insofern ist dieses Buch wie eine Forschungsdokumentation zu lesen. Als solche ist sie allerdings auffällig national beschränkt und gewährt auch zwanzig Jahre nach ihrer Abwicklung nur am Rand Hinweise auf lesbische, schwule, trans- und intersexuelle Existenz in der DDR.

Geeignete Forschungsansätze und politische Strategien für Antidiskriminierung und Emanzipation sexueller und geschlechtlicher Vielfalt stellen auch im 21. Jhdt. ein wichtiges Desiderat dar, das legen die zumeist sowohl aktivistisch als auch wissenschaftlich tätigen Autor_innen des Bandes überzeugend dar. Waltraud Ernst
Forschung im Queerformat. Aktuelle Beiträge der LSBTI*-, Queer- und Geschlechterforschung. Hg. von Bundesstiftung Magnus Hirschfeld. 308 Seiten, transcript, Bielefeld 2014 EUR 25,70