Technikausbildung und Sozialisation

Der Sammelband zeigt im ersten Teil auf, dass Bildungsentscheidungen in Anlehnung an Pierre Bourdieus Konzept des Habitus als Ergebnis „kultureller Passung“ gedeutet werden können. Die Entscheidung für ein Studium und die konkrete Studienfachwahl, auch wenn sie noch so spontan, bewusst und kalkuliert scheint, steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Prägungen und Erfahrungen, die eine Person in ihrem bisherigen Leben gemacht hat. Die Studienwahl ist also nicht nur eine reine kalkulierte Kosten-Nutzen-Rechnung, sondern ein Resultat langfristiger Sozialisationsprozesse, bei denen auch die sozialen Platzanweisungen qua Geschlecht wirken. Der zweite Teil stellt ausgewählte sogenannte MINT-Orientierungs- und Motivationsprojekte aus der Bundesrepublik Deutschland vor (MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) und kommt – vor dem Hintergrund, dass die absoluten Zahlen an Studentinnen in technisch-naturwissenschaftlichen Studiengängen zwar steigen, sich der relative Anteil an Studentinnen hingegen nur gering erhöht – zum Schluss, dass die soziale Herkunft der Studentinnen sowie das Änderungspotenzial von Fach- und Berufskulturen mehr fokussiert werden müssen.
Insgesamt gesehen: Ein Buch, das bekannte Befunde aus der feministischen Naturwissenschafts- und Technikforschung mit den Ansätzen von Pierre Bourdieu verbindet und Detailergebnisse von einigen Frauenförderprojekten im MINT-Bereich vorstellt.
Bente Knoll
Frauen in Technik und Naturwissenschaft: Eine Frage der Passung. Aktuelle Erkenntnisse und Einblicke in Orientierungsprojekte. Hg. von Yvonne Haffner und Lena Loge. 239 Seiten, Budrich, Opladen 2019 EUR 30,80