Wenn Teig so richtig aufgeht
Die bettlägrige Mutter der 41-Jährigen Maria Arnold ist eines Morgens tot. Maria startet ihre wiedergewonnene Freiheit nach viereinhalb Jahren Pflege mit einem auswärtigen Sektfrühstück und einer Nacht mit dem Kellner im Hotel. Als sie wieder ins Elternhaus im Waldviertel zurückkommt, steht die Polizei vor der Tür – Maria wird panisch, dass man ihr den Tod der Mutter anhängen könnte, und flieht. „Sei Teig, sei Wachs, sei Wasser“ ist einer ihrer Leitsprüche, und „auch nachgeben ist handeln“. Mit solchen Leitsprüchen und der Sorge, dass jemand von ihrem Untertauchen erfahren könnte, ist es leider vorprogrammiert, dass Maria erpresst und ausgenutzt wird, sexuelle Übergriffe und Gewalt inbegriffen – dies sowohl in den Jobs, die sich Maria in der Gastronomie sucht, als auch in der 24-Stunden-Pflege. Gudrun Lerchbaum lässt sich nicht gern auf ein Genre einengen, und somit ist dieser Krimi eigentlich ein Roman, in dem die Überführung eines mutmaßlichen Mörders nur punktuelles Hintergrundgeräusch ist, wie auch die Auflösung etlicher weiterer Todesfälle, in die Maria irgendwie verwickelt ist. Am Buchrücken steht: „Maria ist viele Frauen, und viele Frauen sind Maria.“ Das stimmt vor allem da, wo fehlender Respekt gerade in der Care-Arbeit und ein überholtes Frauenbild Übergriffe viel zu leicht ermöglichen und antrainierte Passivität kaum dagegenhalten kann. Gudrun Lerchbaum ist wie immer eine große Empfehlung!
Gabriele Mraz
Gudrun Lerchbaum: Zwischen euch verschwinden. 252 Seiten, Haymon Verlag, Innsbruck/Wien 2023 EUR 17,00