Wir, in der Lerchenstraße

Herumtreiberinnen ist nach Bettina Wilperts Debutroman Nichts, was uns passiert eine weitere Veröffentlichung, die zu ihrer Bekanntheit beitragen wird. Greifbar und mitreißend schildert sie Lebensausschnitte von drei jungen Frauen. Eine leistet Widerstand gegen den Nationalsozialismus und wird daher in den letzten Monaten des Regimes in einem Gebäude der Leipziger Lerchenstraße inhaftiert. Ein Ort, an dem sich in der DDR der 1980er Jahre eine geschlossene venerologische Station für Frauen mit Geschlechtskrankheiten befindet. In der ‚Tripperburg‘ – wie sie die Insassinnen nennen – wird auch die Jugendliche Manja eingesperrt, nachdem sie von der Volkspolizei im Zimmer eines jungen Gastarbeiters aufgegriffen wurde. In der Gegenwart dient das Gebäude als Unterkunft für Geflüchtete, in dem die Sozialarbeiterin Ronja tätig ist.
Angelehnt ist der Roman an die lange Geschichte der Disziplinierung, Inhaftierung und Verwahrung, die in der Riebeckstraße 63 stattfand. Eine Initiative – in der auch die Autorin mitwirkt – setzt sich seit 2019 dafür ein, dass der Gebäudekomplex zu einem lebendigen Erinnerungsort gestaltet wird.
Alina Hanel
Bettina Wilpert: „Herumtreiberinnen“. 266 Seiten, Verbrecher Verlag Berlin 2022 EUR 25,00