Afrikanische Welten aus Kinderaugen

Birgit Weyhe erzählt – teils autobiografisch – vom Aufwachsen eines weißen Mädchens mit ihrer Mama in Uganda, Kenia, den Seychellen und Europa und von ihrer Rückkehr nach Afrika als junge Erwachsene mit ihrem Freund für eine Reise durch Tansania. Ihre Bilder aus der Kindheit sind ganz nahe am kindlichen Verständnis gehalten, und es entstehen köstliche Gebilde, wenn Weyhe die Erklärungen der Erwachsenen in konkrete Zeichnungen übersetzt. So wird
z. B. der in den 1980er Jahren befürchtete atomare Fallout zu einem konkreten, monströsen „Fohlaut“, vor dem die Kleine sich zu beschützen versucht. Die Kindheitswelt ist magisch und von kreativen Erklärungsmustern bevölkert, ein vertrockneter Toter wird zum Pharao, das Chamäleon durchläuft verschiedene Bedeutungen und auch Anansis Geschichte, die den Tod unter die Menschen brachte, wird illustriert dargestellt. Weyhe verwebt mit ihren Zeichenstrichen Informationen zu politischen Rahmenbedingungen, zu einzelnen Regierungschefs wie Nyerere oder Idi Amin mit dem kargen oder absurden Warenangebot im Supermarkt und dem vorenthaltenen Schokopudding, mal möchte das Mädchen nur in Afrika leben, kurz darauf ist Afrika das uninteressante Ende der Welt. Die Reise der Erwachsenen nach Tansania gestaltet sich kompliziert und bezeichnend für viele soziale wie technische Missstände. „Nach drei Jahren in Europa bin ich plötzlich sehr weiß“. Die Reihenfolge der Geschichte verläuft nicht chronologisch, die Schriften wechseln ständig und ein „inneres Kind“ begleitet weiterhin die Sicht auf die Welt und das Treffen von schwierigen Entscheidungen.
Meike Lauggas
Birgit Weyhe: ich weiß. 240 Seiten, avant Verlag, Berlin 2017 EUR 22,70