Berlin um 1900

Viele einflussreiche und vermögende Frauen begründeten mit ihren Sammlungen den Ruf der Kunstmetropole Berlin. Sie sammeln und fördern Kunstwerke aus verschiedensten Genres, von japanischen Farbholzschnitten über Van Gogh-Gemälden bis zu Objekten aus der so genannten Volkskunst. Grundvoraussetzung war die Möglichkeit, ökonomische als auch soziale Mittel bereitstellen zu können, außerdem über genügend Wissen und personelle Netzwerke in der Kunstwelt zu verfügen. Diesen Sammlerinnen und Förderinnen widmet sich Anna-Carolin Augustin in ihrem Buch, das Argumente aus Kunst- und Elitengeschichte, Geschlechterfragen und jüdischer Historie zusammenbringt. Mäzenatinnen im Kunstbereich waren Damen aus gebildeten urbanen Schichten. Die Benennung „Kunstmatronage“ im Titel weist auf diesen Gegenpol zu männlichen Netzwerken hin. Der Band macht den Beitrag der Kunstmatronage zur Moderne aus sozial- und kunsthistorischer Perspektive sichtbar. Die facettenreiche Studie ergänzt die Autorin durch Zeitschriften und Briefe, Archiveinträge und Tagebuchexzerpte. Motive der Mäzenatinnen werden durchleuchtet, etwa Fragen der Emanzipation und Gleichberechtigung in der Bestimmung eines Kulturbegriffs. Beifällige, aber auch antifeministische und antisemitische Reaktionen werden deutlich. Ein umfassendes Glossar und Literaturverzeichnis ergänzen die hervorragende Studie, die den wesentlichen Anteil von mehrheitlich jüdischen Frauen an der neueren Kunstgeschichte aufzeigt.

Susa

Anna-Carolin Augustin: Berliner Kunstmatronage. Sammlerinnen und Förderinnen bildender Kunst um 1900. 544 Seiten, Wallstein, Göttingen 2018. EUR 56,00