Der blaue Rummelplatz

Das schmale Büchlein umfasst vier autobiografische/autofiktive Erzählungen der Stummfilm-Ikone und Film-Pionierin Asta Nielsen, sowie einen Tagebuch-Auszug aus dem Jahr 1929. Die Geschichten erzählen von einer skurrilen Begegnung mit einem (vermutlich der Lebensreform anhängenden) Geigenbauer unweit von Berlin, von einer Kindheitserinnerung aus dem Jahr 1890 an die viel zu früh verstorbene Schwester, vom Weihnachtsfest eines internationalen Filmteams, bevor ein Jahr später der 1. Weltkrieg europäische Nationalismen wiederbelebte und über ihre Freundschaft mit dem exzentrischen Dichter Joachim Ringelnatz. Nielsen erweist sich als genaue Beobachterin mit lebensfrohem Blick, ihre Sprache ist pointiert und humorvoll. Nicht zu Unrecht lautet der Untertitel Geschichten über die Liebe zum Leben. Das Buch ist von Kat Menschik kunstvoll illustriert, die Farbe Blau dominiert als Verweis auf Astas Sehnsuchtsort an der Ostsee, wo die abgedruckten Tagebucheinträge entstanden. Auf ein Vorwort wurde verzichtet, auch wenn es über Asta Nielsen einiges zu sagen gäbe: In 91 Jahren erlebte sie brisante Zeiten, wirkte in über 70 Filmen sowie zahlreichen Theaterproduktionen mit, auch als Produzentin und Regisseurin. Das Nachwort von Karl Huck verortet die voran gegangenen Erzählungen in aller Knappheit zeitlich und geografisch. Der schmale Band macht Lust, anderswo über Asta weiterzulesen, sie in ihrem filmischen und weiteren künstlerischen Schaffen genauer kennen zu lernen.
Steffi Franz
Asta Nielsen: Im Paradies. Geschichten über die Liebe zum Leben. Aus dem Däni. Allan O. Hagedorff, Steffen Jacobs und Renate Seydel. Illustriert u. hg. von Kat Menschik. 101 Seiten, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2023 EUR 22,70