Freundschaft

Maiken Nielsen beschreibt, wie junge Menschen auf der Suche nach Gemeinschaft zusammenfinden und wieder auseinandergehen. Die fiktive Geschichte spielt in drei zeitlichen Intervallen. Sie startet 1977 mit der Beerdigung von Ensslin, Baader und Raspe, setzt sich fort im Jahr 1985 in der Provence und endet in der Gegenwart. Die abenteuerlustige Alex reist nach ihrem Abitur 1985 durch die Welt, bis sie in der Provence auf Mado, Fantomas und Loic trifft, die dort prekär als Akrobat:innen tätig sind und schließt sich ihnen an. Alex zieht zu Mado in deren gemietete Scheune und zwischen Loic, dem Seiltänzer, und Alex entwickelt sich eine zärtliche Romanze. Mit Unterstützung von Mado lernt sie Französich, verdient sich ihr Geld mit Kellnern in einem Lokal, in dem sie gemeinsam mit Mado arbeitet. Außerdem zeichnet sich Alex durch ihre exzellente Begabung aus, wie sie Menschen beobachtet und fotografiert. Des weiteren geht es im Roman um die unterschiedlichen Protagonist:innen innerhalb der Dorfgemeinschaft. Künstler:innen, heroinabhängige junge Leute und skurrile Typen, die sich herumtreiben. Als Loic bei einem Auftritt in die Tiefe stürzt und stirbt, bricht für Alex eine Welt zusammen und plötzlich verschwindet Mado, ohne dass Alex wüsste, wohin. Erst Jahrzehnte später klärt sich, was die Hintergründe für Mados Verschwinden waren. Der Roman hätte besser auf die sensationslüsternen, kosmetischen inhaltlichen Einschübe über die RAF oder andere militante linke Gruppen verzichtet, um an Glaubwürdigkeit zu gewinnen. An sich hätte das beschriebene aufwühlende Lokalkolorit genügt, um die intensiven gelebten Beziehungen zu untermalen.
Antonia Laudon
Maiken Nielsen: Die Frau, die es nicht mehr gibt. 444 Seiten, Wunderlich, Hamburg 2023 EUR 24,70