Heimat ist kein Ort!

Die libanesische Autorin widmet sich der Geschichte der PalästinenserInnen im Libanon. Anhand eines Kunstgriffes, der ungewöhnlichen Liebesgeschichte zwischen Hilda, einer christlichen Libanesin, und dem Palästinenser Madschid, die beide in New York leben, werden die beiden verfeindeten Seiten zusammengebracht und ihre Familiengeschichten erzählt. Es geht u.a. um das Massaker in Sabra und Schatila Anfang der 1980er Jahre im Libanon, welches libanesische Milizen an palästinensischen Flüchtlingen verübt haben. Madschids schwangere Mutter wurde dabei ermordet und er wurde von einem Granatsplitter so verletzt, dass er nachhaltig hinkt. Sein Vater beschließt schließlich, mit Madschid in die USA zu gehen.
20 Jahre später lernen Madschid und Hilda einander kennen und lieben. Trotz ihrer konträren Vergangenheit – Hildas Vater ist den PalästinenserInnen gegenüber feindlich eingestellt – führen sie eine offene und ehrliche Beziehung bis zu dem Zeitpunkt, als Hilda beschließt, in ihre Heimat zurückzukehren, um ihre Familienverhältnisse zu klären. Sie ist mittlerweile eine emanzipierte Frau, die sich zur Gegnerin der Machtinteressen ihres Vaters entwickelt. Neben der Haupthandlung wird die Lebensgeschichte ihrer FreundInnen erzählt. Gut lesbar und spannend. Irritierend war, dass es Madschids Erzählperspektive ist und damit sein männliches Begehren im Mittelpunkt steht und Hilda objektiviert wird. Dennoch ein schönes Beispiel, dass Menschen kulturelle Entfernungen überwinden und stattdessen in familiären Beziehungen durch Welten getrennt sein können.
Bettina Eder
Jana Al-Hassan: Stockwerk 99. Aus dem Arab. von Christine Battermann, 325 Seiten, Hans Schiler, Tübingen 2018 EUR 23,00