Krieg in der Ukraine
Wieso ziehen Menschen freiwillig in den Krieg? Was veranlasst sie dazu, sich für die Front zu melden, obwohl sie nicht einberufen werden? Und was bewirkt diese Entscheidung im persönlichen Umfeld der Soldat_innen, bei Familie und Freund_innen? Nachdem ihr Bruder im Jahr 2017 an der Front der Ostukraine durch ein Schrapnell getötet und anschließend als ‚Held‘ auf einem Soldatenfriedhof beigesetzt wurde, beginnt die in London lebende Historikerin und Schriftstellerin Olesya Khromeychuk einen Erfahrungsbericht zu schreiben, in dem sie sich mit diesen und weiteren Fragen auf sehr persönliche, aber auch allgemein-essayistische Weise auseinandersetzt. Als Schwester des Getöteten, als Frau, als Zivilistin, als Kriegshistorikerin und scharfe Kritikerin des Militarismus erzählt sie klug und sprachgewandt von den Monaten seit Beginn des Kriegs in der Ukraine, von der Beziehung zu ihrem Bruder und ihrer gemeinsamen Kindheit und von den Strukturen des Landes, in dem sie aufgewachsen ist. Ein sehr ehrlicher Text, dem ein Wechsel zwischen emotionaler Betroffenheit und analytischer Beobachtung gelingt und dadurch sowohl berührt als auch lehrreiche Sichtweisen auf diesen noch immer andauernden europäischen Krieg eröffnet.
ReSt
Olesya Khromeychuk: Ein Verlust. Die Geschichte eines gefallenen ukrainischen Soldaten, erzählt von seiner Schwester. Aus dem Engl. von Lily Sophie. 150 Seiten, ibidem, Stuttgart 2022 EUR 19,90