Philosophie im Taschenformat

Martha Nussbaum, Jahrgang 1947, gilt als eine der wichtigsten zeitgenössischen Philosophinnen, deren Moraltheorie sich nicht metaphysisch aus dem Elfenbeinturm zu Wort meldet, sondern sich lebensnah und politisch zeigt. In dem nur 48 Seiten starken Heft umreißt Ingeborg Gleichauf die Grundzüge des Nussbaumschen Denkens. Im Mittelpunkt steht die Frage nach dem guten Leben, in dem alle Menschen die in ihnen angelegten Fähigkeiten (‚capabilities‘) entwickeln können. Dazu gehört das Wissen um den Tod, psychische und physische Grundbedürfnisse, aber auch die Verbundenheit mit anderen Menschen, anderen Arten und der Natur. Ohne die Fähigkeit des Respekts gegenüber anderen, gegenüber Tieren und der Natur, so Nussbaums Moraltheorie, ist das Leben nicht lebenswert. Soziale Gerechtigkeit entsteht allerdings erst dann, wenn alle Menschen die Möglichkeit haben, diese Fähigkeiten auszuleben. Aufgabe der Regierenden ist es, allen Menschen zu ermöglichen, im Rahmen der freien Entscheidung ihre Fähigkeiten auszuleben. Feministisch zeigt sich Nussbaum in ihrer Kritik an der Philosophie, die sich viel zu selten für die Lage der Frau interessiert und Emotionen oft als irrational abstempelt. So analysiert sie die Feindseligkeit gegenüber Frauen und erforscht die politische Dimension der Emotionen. Ingeborg Gleichaufs Zusammenfassung der Philosophie Nussbaums macht Lust auf mehr, da komplexe Zusammenhänge nur angeschnitten werden. Als Einstieg und Orientierung auf jeden Fall empfehlenswert!

PS

Ingeborg Gleichauf: Martha Nussbaum. Philosophin des guten Lebens. 48 Seiten, Mitteldeutscher Verlag, Halle/Saale 2022 EUR 6,20