Puzzlesteine zum Begreifen

Interessierte an der Geschichte der KPÖ und dem ‚KPÖ-Milieu’, werden die Erinnerungen von Liesl Markstein mit Gewinn und vielen Möglichkeiten für Assoziationen und Momenten des Wieder-Erkennens lesen. Liesl Markstein, 1929 als Tochter von Karl und Hilde Koplenig geboren – er jahrelanger Vorsitzender der KPÖ, sie ebenfalls eine bekannte Parteipersönlichkeit – schreibt mit großem Abstand und viel historischem Wissen. Die Schilderungen sind straff und packend erzählt, sehr persönlich, trotzdem nicht sentimental. Der erste Teil behandelt die prägenden Jahre der Kindheit und Jugend in Wien, Prag, später im Exil in Frankreich und der Schweiz, ab 1936 in Moskau im legendären Hotel Lux und der Sowjetunion. Als gute Pionierin kehrt sie 1945 mit ihren Eltern nach Österreich zurück, studiert Dolmetsch, arbeitet als Russisch-Dolmetscherin und Übersetzerin. Ihr Naheverhältnis zur ‚Partei’ bleibt lange aufrecht, spätestens als Übersetzerin der Schriften Alexander Solschenizyns vollzieht sie eine Kehrtwende. Nach dem Einmarsch der Warschauer Pakt Truppen in Prag geht sie mit anderen ‚Revis’ endgültig auf Distanz zum Moskauer Kurs. 1971 wird sie wegen parteischädigenden Verhaltens aus der KPÖ ausgeschlossen. Im zweiten Teil Menschen, Erlebnisse, Entscheidungen geht es um viele interessante Persönlichkeiten quer durch die Jahrzehnte. Auch wenn mir politisch nicht alles nachvollziehbar ist, sind die Erinnerungen von Liesl Markstein eine lohnende, kurzweilige und spannende Lektüre!
Wanda Grünwald
Elisabeth Markstein: Leben zwischen zwei Welten. Erinnerungen. 176 Seiten, Milena, Wien 2023 EUR 24,00