Räuberische Formationen

In diesem schönen Buch (trotz klitzekleiner Fehler in den makroökonomischen Grafiken) geht die Soziologin Saskia Sassen der Frage nach, ob die realen Entwicklungen der Ökonomie immer noch mit der gleichen Logik zu bewerten sind, wie es für die Jahrzehnte der Nachkriegszeit und deren Konjunkturzyklen galt. In einem langen Einstiegskapitel führt Sassen Wirtschaftsdaten, soziale Indikatoren (wie Armut, Zwangsversteigerungen, ungleiche Entwicklung von Reichtum…), Daten zu Migrationsbewegungen und Vertreibungen, sowie Zahlen zu Inhaftierungen in privaten und öffentlichen Gefängnissen unter der Klammer „räuberische Formationen“ zusammen. Sie konstatiert, dass das Schrumpfen der formalen Wirtschaft seit den 1980ern mit einer weltweit erfolgenden Ausgrenzung von Menschen einhergeht. In den Folgekapiteln verstärkt sie dieses Verständnis über drei Beispiele: 1. die Beschreibung von Prozessen wie dem internationalen Landerwerb, der die teilweise Auflösung nationaler Staatsgebiete in den sogenannten „Ländern des Südens“ mit sich bringt, 2. sowie der gegenwärtigen Finanzwelt, die sie am Beispiel der Subprime-Krise skizziert und 3. der global völlig ausufernden Zerstörung der Biosphäre, die weit über Beispiel wie Fracking und Nestlé hinausgeht. Sassen markiert die Neuartigkeit dieser Phase des Hyperkapitalismus anhand der globalen extremen Auswirkungen der Ausbeutung von Lebewesen und Materie und der Komplexität der zu beobachtenden Phänomene. Dieses Buch ist alarmierend, schockierend und wichtig, leider müssen wir den Ausweg aus der Misere selber denken, da fehlt noch ein Kapitel… Karin Schönpflug

Saskia Sassen: Ausgrenzungen. Brutalität und Komplexität in der globalen Wirtschaft. Aus dem Amerik. von Sebastian Vogel. 320 Seiten, S. Fischer, Frankfurt a. M. 2015  EUR 25,70