Raum und Zeit

Im dritten Teil ihrer Autobiografie ist Deborah Levy auf der Suche nach einem idealen Ort, einer ‚Imaginärmobilie’ am Meer, wo sie in Ruhe ihren beiden Leidenschaften Schwimmen und Schreiben nachgehen kann. Gleichzeitig überlegt sie, welchen Raum sie als Autorin und Frau gedanklich einnehmen kann. Zum Zeitpunkt der Niederschrift des Buches ist Levy 59. Ihre jüngste Tochter ist 18 Jahre und wird die gemeinsame Wohnung in London bald verlassen, um zu studieren. Allein bleibt Levy dennoch nicht: Da sind ihre Freundinnen und neue Herausforderungen wie ein Stipendium der Columbia University, das sie für neun Monate nach Paris bringt. Während Levy ihre Geschichte aufschreibt, führt sie ihr Leben in der Gegenwart weiter. Sie nennt das ‚living autobiography’: Darin spürt sie den zahlreichen Verschiebungen ihres Lebens zwischen Gestern und Morgen nach. Levy möchte für sich einen starken Raum gestalten, der frei von patriarchalen Zuschreibungen ist. Was das Buch besonders auszeichnet, ist Levys trockener Humor und ihre scharfsinnigen Beobachtungen, die sich u.a. in tiefsinnigen, aber niemals wehleidigen oder rührseligen Dialogen zwischen dem früheren und gegenwärtigen Autorinnen-Ich finden. Levys Buch macht Lust aufs Leben – und aufs Älterwerden.
Ute Fuith
Deborah Levy: Ein eigenes Haus. Aus dem Engl. von Barbara Schaden. 215 Seiten, Hoffmann und Campe, Hamburg 2023 EUR 15,00