Wegweisung
Der Debütroman von Mina Hava handelt vom Zerfall des blockfreien Jugoslawiens in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts und von Menschen, die sich der Migration aussetzen, um zu überleben. In der Gegend von Omarsk wird aktuell wieder Bergbau von einem US-Konzern betrieben. Es ist eine Region, in der zahlreiche Massengräber nach dem Krieg entdeckt wurden und Mahnmale an den grauenvollen Krieg erinnern. Das dortige Grundwasser ist weiterhin kontaminiert und der Boden ist noch immer von etlichen Landminen verseucht. Dennoch kehren Menschen wie Sekas Großmutter dorthin zurück. Sekas Familiengeschichte steht allegorisch für das Leben vieler in die Schweiz ausgewanderter jugoslawischer Familien. Seka ist 22 Jahre alt und hat sich von ihrem Freund getrennt, nachdem dieser ihr untreu war. Ihr gewalttätiger, oftmals alkoholisierter Vater, der der Familie immer wieder auflauert, da er sich mit der Trennung von der Familie nicht arrangieren kann, begleitet mental Sekas Stimmungsschwankungen in dieser Lebensphase. Ihr vom Krieg traumatisierter Bruder wählt den Freitod. Empfindungen, Wahrnehmungen, sich überlagernde Kindheitsreflexionen und subjektive Reaktionen auf historische und soziologische Erkenntnisse bilden die Architektur des ungewöhnlichen Romans, der am Ende keine inhaltliche Auflösung bietet. Der Roman besticht durch eine eindringliche Sprache, die sich nicht leicht deuten lässt, vieles bleibt der Interpretation der Leserin überlassen!
ML
Mina Hava: Für Seka. 278 Seiten, Suhrkamp, Berlin 2023 EUR 24,70