Wir schaffen es vielleicht nicht

Sie könnten eigentlich so glücklich sein: Georg und Isabell, er Anfang 40, sie Mitte 30, ein typisch mittelständisches Paar in einer deutschen Großstadt. Isabell arbeitet als Cellistin in einem Musical-Orchester, Georg schreibt für eine Zeitung, sie leben in einer schönen Altbauwohnung, es fehlt ihnen an nichts. Vor etwa einem Jahr ist ihr gemeinsamer Sohn Matti geboren worden, damit ist die Familienidylle eigentlich perfekt. Eigentlich, denn in Wahrheit läuft doch nicht alles so rund: für Isabell ist der Berufswiedereinstieg nach der Babypause schwerer als erwartet, und auch Georgs berufliche Laufbahn erfährt einen plötzlichen Knick. In Angst und Panik, ihr gut situiertes Leben nicht mehr aufrecht erhalten zu können, nicht mehr handgemachte Brötchen beim angesagten überteuerten Bäcker des Grätzels kaufen zu können, setzen sich die beiden immer mehr selbst unter Druck: „Das hier wird nicht bleiben. Kann es nicht. Wer weiß – wir schaffen es vielleicht nicht.“ Diese Aussage, dieses Gefühl ist eine harte Belastungsprobe für die Beziehung.
Die Gefühle, die Ängste, die inneren Befindlichkeiten von Georg und Isabell sind sehr detailgetreu und ausführlich beschrieben, in schönen prägnanten Sätzen, jedoch zu ausführlich für meinen Geschmack. Die erste Hälfte des Buches habe ich als langatmig und passagenweise sogar langweilig empfunden, doch dann entwickelt sich die Geschichte und entwickelt sich auch das Paar und da wird es dann spannend, den beiden zu folgen auf der Suche nach einem Ausweg aus ihrem Dilemma, auf der Suche nach einem neuen Lebensmodell. Julia Varga
Kristine Bilkau: Die Glücklichen. Roman. 301 Seiten, Luchterhand Literaturverlag, München 2015 
EUR 20,60