Beruf oder Berufung?

Vielleicht erinnern sich einige noch an den Werbespot der SOS-Kinderdörfer: „Eine SOS-Kinderdorfmutter zu sein ist wahrscheinlich der anstrengendste Job der Welt…“ Der Werbespot zeigt eine junge Frau, die für ihre Fitnessübungen Kinder hochstemmt. Die vorliegende Dissertation „Mütter ohne Grenzen“ beschäftigt sich mit Verschränkungen von Mutterschaft und Arbeit. Sarah Speck hat im Rahmen einer Feldforschung SOS-Kinderdorfmütter in Bolivien und Österreich interviewt, hat sich durch interne Texte der SOS-Kinderdorf Organisation wie Handbücher und Leitfäden gearbeitet, um die Umsetzung des Models Mutterschaft als Beruf zu analysieren und dessen Paradoxien aufzuzeigen. Wie steht es um Erwartungen an „gute Mutterschaft“? Wie um normative Ansprüche an Weiblichkeit?

Die Autorin weist ebenso auf Parallelen zwischen Ansprüchen an SOS-Kinderdorfmütter und aktuelle Entwicklungen am Arbeitsmarkt speziell im Managementumfeld hin: der eigene Gefühlszustand, die eigene Gesundheit sowie die Arbeitstätigkeit sollen einer permanenten Selbstkontrolle unterzogen werden. Nicht nur Forderungen an SOS-Kinderdorfmütter, auch Kindergartenpädagoginnen oder Arbeitende aus dem Sozialbereich sind von diesen Anforderungen und Vermischungen von privat und beruflich betroffen. Das Buch richtet sich an ebendiese sowie an Gender Consultants und Mitarbeiterinnen internationaler Hilfs- und entwicklungspolitischer Organisationen. Sarah Specks Dissertation ist gut lesbar und nicht nur für Studierende oder Dozierende geeignet, sondern für alle, die sich mit Care-Arbeit beschäftigen oder für die Folie Mutterschaft interessieren, sehr empfehlenswert. Barbara Tinhofer

Sarah Speck: Mütter ohne Grenzen. Paradoxien verberuflichter Sorgearbeit am Beispiel der SOS-Kinderdörfer. 263 Seiten, Springer, Wiesbaden, 2014 EUR 41,11