Ungleiche Schwestern

Auch wenn manchen bekannt sein dürfte, dass Simone de Beauvoir eine um zwei Jahre jüngere, „ungleiche“ Schwester hatte, fügt das Buch „Hélène Beauvoir. Souvenirs“ ihrer beider Geschichte(n) noch einige Facetten hinzu. Herausgeberin, Kunsthistorikerin und Germanistin Karin Sagner ist mit dieser Publikation ein wertschätzendes, vielseitiges Porträt der in Vergessenheit geratenen Schwester von Simone de Beauvoir gelungen. Die differenziert-kritische Einleitung der Herausgeberin bietet zum Einstieg eine zusammenfassende Würdigung von Leben und Werk Hélène de Beauvoirs. Im Anschluss daran sind die auf Interviews basierenden, neu lektorierten und erstmals auf Deutsch erscheinenden Erzählungen Hélènes, eine leicht lesbare Lektüre. Fotos aus der gemeinsamen, innigen Kindheit der Schwestern, persönliche Porträts der vielfältigen Lebensstationen Hélènes und Abbildungen ihrer künstlerischen Arbeiten ergänzen anschaulich die Erzählung. Mit der Auswahl der Abbildungen zur Kunst Hélène Beauvoirs gibt Karin Sagner nicht nur Einblick in ihr künstlerisches Schaffen, sondern skizziert auch deren stilistische Entwicklung. Den persönlichen Sichtweisen ihres Lebens, ihrer Zeit und ihrer Zeitgenossen werden Textzitate ihrer berühmten Schwester gegenübergestellt, sodass die Darstellungen der beiden Schwestern einander ergänzen und bereichern. Auch wenn es nach der Lektüre des Buches vermessen erscheint, Hélène Beauvoirs Kunst und Erzählungen in eine Reihe mit Sartre, Camus, Picasso oder ihrer Schwester zu stellen, ist dieses flüssig zu lesende, anschauliche Buch durchaus zu empfehlen.  Petra Unger

Hélène Beauvoir. Souvenirs. Ich habe immer getan, was ich wollte. Hg. von Karin Sagner. Übersetzt von Elsbeth Ranke. 287 Seiten, Elisabeth Sandmann Verlag, München 2014EUR 25,70