Sally auf den 
Spuren von Sylvia

Sigrun Höllrigl, Germanistin, Künstlerin und Filmemacherin, hat in einem kurzen aber intensiven Roman das Leben ihrer Protagonistin Sally Keane mit jenem von Sylvia Plath verwoben. Sie arbeitet Parallelen heraus, genauso wie Bruchstellen, in denen sich die junge Sally Keane – die für ein Stipendium nach Cambridge gekommen ist, um Sylvia Plath zu studieren – bewusst von ihrem berühmten Idol distanziert. „Werde ich sterben wie S.?“ fragt sich Keane. Sie hat sich vorgenommen, den Umständen von Sylvia Plaths Selbstmord auf den Grund zu gehen. Doch das Urteil steht ohnehin fest: Der untreue Ehemann hat Plath in die Depression und in den Tod getrieben. „Der Schriftsteller T. ist schuldig…“ Dass das Leben nicht schwarz weiß gemalt ist, wird in Sally Keanes Leben sehr deutlich. Deshalb ist es für Kennerinnen von Sylvia Plaths Lebenslauf etwas befremdlich, dass ihre Depression auf Liebeskummer reduziert wird. Aber abgesehen davon ist Höllrigl hier ein hervorragender Roman gelungen, in dem sie kreativ neue Wege in Sprache und Aufbau geht. So gut kann es werden, wenn Kunstschaffende ihre Visionen in Text gießen. GaH
Sigrun Höllrigl: Odysseus X. Roman. 132 Seiten, edition keiper, Graz 2015
EUR 16,50