Heiratskandidat*innen

Dagestan. Die kleine Republik mit knapp 3 Millionen EinwohnerInnen gilt als das ärmste Land der russischen Föderation. Die 25-jährige Patja, kehrt nach einem Jahr in Moskau in ihre Heimatsstadt zurück und soll schleunigst verheiratet werden. Ebenso ergeht es Marat, Anwalt in Moskau in seinem Urlaub „zu Hause“. Seine Eltern haben bereits den Hochzeitssaal gemietet. Es fehlt nur noch die Braut…

Mit surrealer Satire beschreibt die Autorin Alissa Ganijewa, geboren 1985 in Moskau, Leben und soziale Hierarchien einer namenlosen Kleinstadt in der Steppe am Kaspischen Meer. Sie ist awarischer Abstammung – eine der zahlreichen Bevölkerungsgruppen der Republik – und verbrachte 17 Jahre ihres Lebens in Dagestan. Anhand der Heiratskanditat*innen beleuchtet sie blitzlichtartig die Konflikte einer post-sowjetischen Gesellschaft in der sich Traditionen als moderne Identitäten erweisen, Mafiabosse als Heilige gelten und Heiratskanditat*innen von der Familie ausgewählt werden. Ich habe schon lange keine so gelungene Kritik an arrangierten Ehen gelesen. Sena Doğan

Alissa Ganijewa: Eine Liebe im Kaukasus. Aus dema Russ. von Christiane Körner. 240 Seiten, Suhrkamp, Berlin 2016 EUR 22,70