Requiem für Heide

Die 1942 geborene Schriftstellerin Christine Haidegger bringt in dem in der Ich-Form gehaltenen Roman die Erfahrungen ihrer Nachkriegskindheit ein. Die Kleinkindzeit meint sie aus dem vermeintlichen Blickwinkel eines Kindes beschreiben zu müssen und bedient sich einer infantilen Kunstsprache. Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter wird auf emotionaler Ebene der beiderseitigen Abhängigkeit gelebt. Auch wenn später eine scheinbare Partnerschaft entsteht, so berät sich die Mutter, Frau eines „Vermissten“, mit ihrer 8jährigen Tochter über die Sinnhaftigkeit einer neuen Ehe. Als Deutsche wird sie in Österreich als Fremde gesehen. Tatsächlich opfert sie sich für ihr Kind auf, das sich als Gegenleistung verpflichtet fühlt, makellos zu funktionieren. Die intellektuell begabte Tochter wird in einem Eliteinternat unterrichtet. Als sie langsam erwachsen wird, beginnt sie an der Intensität ihrer Mutterbindung und ihrer Identifikation damit zu zweifeln. Schließlich sieht sie keinen Ausweg mehr, als Selbstmord zu begehen. Erstmals ist der Roman 1979 erschienen, die Rolle der Mutter wurde seiner Zeit anders gesehen als heute. Das opfervolle Mutterbild war noch stark von der faschistischen Zeit (Kinderschar für den Führer, Mutterkreuz, …) geprägt. Ein realistisches Zeitdokument. Maria Weywoda

Christine Haidegger: Zum Fenster hinaus – Eine Nachkriegskindheit. 300 Seiten, Otto Müller Verlag, Salzburg – Wien 2016 EUR 21,00