Sexualpädagogik

Was soll ich, was muss ich, was darf ich nicht als Frau, wenn ich anerkannt und ohne Sanktionen leben will. Gegen die Pflichterfüllung des Funktionierens als Körper, der unter bestimmten Bedingungen Lust haben soll, unter anderen wiederum keine Lust haben darf, tritt das Konzept der sexuellen Bildung und Beratung auf, die über bloße pädagogische Aufklärung hinausgeht. Julia Sparmann vergleicht in ihrer Untersuchung körperorientierte Ansätze in ihrer Sinnhaftigkeit für die sexuelle Bildung junger Frauen und beschreibt mögliche emanzipatorische Wirkungen sowie Mängel aufgrund einengender Geschlechterstereotype von Körperpsychotherapien, der Methode Sexocorporel sowie des Tantra. Zwischen dem eher funktional, pragmatisch und an Gesundheit orientierten Sexocorporel und dem esoterischen Tantra bewegen sich psychotherapeutische Ansätze, die die Verschränkung von Körper und Psyche betonen. Die Vergleichbarkeit dieser heterogenen Ansätze ist schwierig. Interessant erscheint mir die Haltung, „sexuelle Störungen“ nicht als Krankheit zu sehen, sondern als erlernte Erlebens- und Verhaltensweisen, die durch neue Erfahrungen, neues Lernen hin zu mehr Freiheit und Genuss verändert werden können. Gerade in Zeiten den Alltag durchdringender Pornografisierung, die Mädchen und Burschen immer früher betrifft, scheint hier Entwicklungspotenzial zu liegen. Positiv hervorzuheben ist auch der kritische Blick der Autorin auf (Geschlechter)Normierungen und Glorifizierung von Sexualität – auch entspannte Unlust darf sein. Wir müssen nicht immer nur wollen.

Bettina Zehetner, Frauen* beraten Frauen*

Julia Sparmann: Körperorientierte Ansätze für die Sexuelle Bildung junger Frauen. 113 Seiten, Psychosozial Verlag, Gießen 2015 EUR 17,40