Trotzig durch Gefahr und Not

Als das Haus, in dem sie wohnt, dem Erdboden gleichgemacht wird, harrt die Protagonistin zunächst im Keller aus und beschließt dann, in den Wäldern zu leben, wobei diese vor allem aus Hagebuttenstauden bestehen und der Unterschlupf eine selbst gebaute Hütte ist, die sich als keineswegs wetterfest erweist. Es ist berührend, wie die Protagonistin beharrlich die Möglichkeiten dieses Lebens „in den Wäldernˮ auslotet, sich vor Krankheit und Einsamkeit fürchtet, sich von Pilzen, Kräutern und Fallobst ernährt und dabei zugleich das scheinbar „normale”ˮ Leben der anderen beobachtet. Sie wählt als einzige Vertraute die selbst gebaute Wand, auf die sie ihre Gedanken schreibt. Dass ihre eigene Lektüre hauptsächlich ein Lehrbuch der Betriebswirtschaft ist, gibt dem Text eine ironische Note. Weil aber die Autorin es doch gut mit ihrer Hauptfigur meint, bekommt diese noch vor Wintereinbruch eine Chance des Neubeginns. Sprachlich bietet dieser Text die verschiedensten Textsorten, es finden sich kleine Listen notwendiger und nützlicher Dinge, Briefe, Träume, Zitate, Reflexionen und Beobachtungen. Die einfachen Dinge, das scheinbar selbstverständliche Leben, einige ungelöste Geheimnisse und die beherzten Schritte einer Frau mit kräftigen Oberarmmuskeln sind nur einige Ingredienzien, die diesen Roman lesenswert machen. Ilse Kilic

Simone Hirth: Lied über die geeignete Stelle für eine Notunterkunft. 189 Seiten, Kremayr & Scheriau, Wien 2016 EUR 19,50