(An)Spannungen im Bürgerkrieg

Blindgänger, peitschenknallende Gewehre, platzende Schrap­nelle, einschlagende Granaten, und dröhnende Flugzeuge, die in diesem Krieg erstmalig Brandbomben niederwerfen, das sind die feindlichen Gegenspieler der Verteidiger*innen der spanischen Republik Ende 1936. Die Reaktionäre tauchen ansonsten personell nicht auf. Im Mittelpunkt des bereits 1939 geschriebenen Romans steht das Hochhaus der Telefónica in Madrid. Die emanzipierte Hauptprotagonistin Anita Adam ist ähnlich wie die Autorin Barea-Kulcsar in der Zensurstelle tätig, um die internationale Presse zu reglementieren. Die Charakterisierung der republikanischen Kämpfenden, bestehend aus Syndikalist*innen, Anarchist*innen und Kommunist*innen, konzentriert sich weniger auf manifeste politische Unterschiede als auf persönliche Eigenschaften der Beteiligten. Das bereits durch die feindlichen Angriffe von Angst vergiftete Klima verschärft sich durch diese Spannungen. Drei Frauen in der Telefónica umringen den Comandante, das schafft böse Zungen und Intrigen, aber auch Solidarität und Empathie. Als Politroman ist der Roman nicht ausreichend informativ. Als glaubwürdige Liebesgeschichte verweigert er sich, da die Figuren klischeehaft gezeichnet sind. Die wahllos eingestreuten Männerphantasien mögen der Zeit der Entstehung geschuldet sein, jedoch stören sie den persönlichen aktuellen Lesegenuss. Dankbar ist die Leserin über die im Anhang erfolgten Beschreibungen der an sich sehr interessanten Autorin und das aufklärende Nachwort.

ML

Ilsa Barea-Kulcsar: Telefónica. Nachwort von Georg Pichler. 352 Seiten, Edition Atelier, Wien 2019, EUR 25,00