Der größte gemeinsame Nenner
Doris Guth und Alexander Fleischmann bieten in dieser Kompilation kluge Aktualisierungen entlang von Kunst, Theorie und Aktivismus – im Überschneidungsbereich des Neuen und Radikalen. Jens Kastner lotet Trennendes und Verbindendes aus und gruppiert jene künstlerischen Positionen, die an einer Überwindung dieser Grenzen arbeiten. Nanna Heidenreich fragt: „Wer oder was ist politisch?“, denn „Es muss um etwas gehen…“. Mit „Girl Aktivismus“ (Anette Baldauf) können ganz im Sinne des DIY (do it yourself) einige Werkzeuge erprobt und gleich widerlegt werden, „dass (…) die Schnittstelle von Kunst und Politik ein für Frauen unmöglicher Ort“ ist. Andreas Kemper arbeitet kontinuierlich am Themenkomplex Klassismus. Hier zeigt er Perspektiven der Organisierung Marginalisierter ebenso wie grafische Versuche einer Vertikalisierung, um hierarchische Denkmuster zu durchbrechen. Wenn „Rosa-Lila-Guerillagruppen“ die Zuschauer*innen der auch 2007 in Wien touristisch gut vermarkteten Parade grüßen, herzen und umarmen, dann können wir mit Marty Huber die Grenze einer heteronormativen Unversehrtheit liebevoll überschreiten. In den Refugee-Protesten (Gin Müller) in Wien 2012/13 werden die Kämpfe um Repräsentation, Solidarität und praktischen Support implizit sichtbar. Mit der Wiederaneignung der je eigenen Subjektpositionen in (Dis-)Ability Studies und Crip Theory komplettiert Eva Egermann eine Zusammenstellung, die entlang der großen Kategorien am Programm von Gleichheit und einer Vervielfältigung von progressiven Handlungsoptionen baut.
Heide Hammer
Kunst. Theorie. Aktivismus. Emanzipatorische Perspektiven auf Ungleichheit und Diskriminierung. Hg. von Alexander Fleischmann und Doris Guth. 238 Seiten, transcript, Bielefeld 2015 EUR 30,90