Erstveröffentlichung eines spannenden Drehbuchs

Wien im Kalten Krieg: Andrzrej, polnischer Jude und Kommunist, trifft auf Lisa, eine attraktive Studentin aus bürgerlichen Verhältnissen. Im von Andzrej geführten Lokal, einem beliebten Treffpunkt von Emigrant_innen verschiedenster Herkunft, beginnen die beiden trotz ihres Altersunterschieds und kontroverser Weltanschauungen ein erotisches Verhältnis. Als jedoch Lisa, die kindlich-dramatisierend in ihrer Liebe zu Andzrej schwelgt, spitz kriegt, dass ihr Liebhaber ein zweites Leben als Geheim­agent führt und militärisch wichtige Produkte in den Osten schmuggelt, laufen die Ereignisse rasant auf ein tragisches Ende zu. Um 1980 als Drehbuch für einen Kinofilm geschrieben, den Elfriede Jelinek gemeinsam mit Regisseur Rainer Boldt verwirklichen wollte, wurde der Text nun erstmals veröffentlicht. Abgesehen vom politisch spannenden Stoff, den Jelinek hier bearbeitet, beeindruckt vor allem die sprachliche Klarheit, mit der Jelinek das Milieu und die auftretenden Figuren charakterisiert. Der Einsatz diverser dialektaler Färbungen und verschiedenster Fremdsprachen fängt einerseits die Stadt Wien zwischen ihrer „Atmosphäre der Wurschtigkeit“ und den „Relikten der alten Kultur der Monarchie“ ein, andrerseits erlaubt er eine feine psychologische Beschreibung der Protagonist_innen. Leider wurde das Filmprojekt aufgrund fehlender finanzieller Mittel nie realisiert (die Geschichte der erfolglosen Bemühungen um Förderungen wird im Nachwort detailliert erzählt), das Drehbuch funktioniert aber mit ein wenig Vorstellungskraft auch wunderbar als Thriller im Kopf.
Rebecca Strobl
Elfriede Jelinek: Eine Partie Dame. 189 Seiten, Verbrecher Verlag, Berlin 2018 EUR 15,00