Geburtstagsbonus für eine Neunjährige 

Eine Schriftstellerin findet am Friedhof in einem Baum versteckt ein totes Baby. Sie trifft auf die neunjährige Samira, die ihr erzählt, dass sie Geburtstag habe und es entspinnt sich ein kurzer Dialog zur Frage, was die Schriftstellerin dem Kind schenken könnte. Dies ist die Anfangsszene aus Monika Helfers neuem Buch, das über weite Strecken aus Samiras Perspektive geschrieben ist. Diese lebt mit ihrer drogenabhängigen Mutter Mirjam, ihrem Onkel Wolf und den Zwillingen Orang und Utan zusammen in einer Welt, die in jeder Hinsicht in Unordnung geraten ist. Gekreuzt wird diese Perspektive mit jener des ermittelnden Kriminalinspektors Swini und dessen Annäherungen an seine Nachbarin Elvira, deren Zwillingsschwester als Kind ertrunken ist. Grundlegend durchzieht alle Geschichten die Frage von Schuld und Verantwortung, Bibelzitate, die täglich aus einem Säckchen gelost werden, sollen beruhigen und der Welt wieder Ordnung verleihen. In jeweils kurz gehaltenen Kapiteln schildert Helfer unsentimental Alltagssplitter aus dem Leben der Beteiligten und wie sie das Beste aus ihrer Situation zu machen versuchen. Einfache klare Sätze lassen die Härte des Geschilderten erst langsam sickern, spürbar bleibt überall die häufig unbegründete Hoffnung der Menschen. Der Rechtsstaat kann diese Komplexität nicht fassen, es gewinnen immer dieselben. Nur wer Geburtstag hat, bekommt etwas geschenkt. mel

Monika Helfer: Die Welt der Unordnung. 170 Seiten, Jung und Jung, Salzburg-Wien 2015
EUR 18,90

Altes und neues Leb