Kaleidoskop der Nacht 

Eine junge Frau wandert durch die Nacht und beobachtet die beleuchteten Fenster. Was hält diese Menschen vom Schlafen ab? Um das herauszufinden klingelt sie, gibt sich als Forscherin aus und wird bereitwillig eingelassen. Mit jeder Türschwelle, die sie überquert, tritt sie in eine neue Welt ein. Und doch ähneln sich die Besuchten. Zumeist sind es Menschen, die mit einem bestimmten Aspekt in ihrem Leben zu kämpfen haben. Mit den Folgen einer Trennung, mit Verlusten, neuen Lebensabschnitten, Orientierungslosigkeit, Einsamkeit, Umstellungen. Sie nützen die Stille der Nacht, um ihre Gedanken zu sortieren und Klarheit in komplexe Lebenssituationen zu bringen, „weil … nachts … alles Raum hat, was am Tag keinen hat.“ Ansatzweise erfährt man zwischen den Zeilen auch etwas über die namenlose Ich-Erzählerin. Über ihre Beweggründe nachts durch die Stadt zu streifen und ihr Leben. Sie selber manifestiert sich im Buch zumeist als Reflexion, zum Beispiel als Spiegelung in Glastüren oder Brillengläsern. Mercedes Lauenstein schreibt in einer klaren, nüchternen Sprache und lässt die LeserIn wie in einer Galerie durch die Nächte von 25 Personen wandern, untermalt von einem melancholischen Grundton. Manche Lebensgeschichten ziehen an einem vorbei, andere bleiben hängen und lassen nachdenklich zurück und von wieder anderen hätte man gerne noch mehr erfahren. Christine Auer

Mercedes Lauenstein: Nachts. Roman. 191 Seiten, aufbau Verlag, Berlin 2015 EUR  19,50