Mädchen für eh alles

Wissenschaftliche Studien zeigen es immer wieder: Auch bei heterosexuellen Paaren, die sich grundsätzlich darüber verständigt haben, die Care-Arbeit aufzuteilen, bleibt den Frauen – erst recht, sobald Kinder im Spiel sind – ein deutlich größerer Anteil an sog. reproduktiven Tätigkeiten, inklusive vieler weniger sichtbarer Aufgaben, wie etwa das Manage­ment eines reibungsarmen Familienlebens und der damit verbundenen Verantwortung. Dieses auch unter dem englischen Schlagwort Mental Load zunehmend breiter diskutierte Phänomen analysiert die deutsche Journalistin Laura Fröhlich in ihrem neuen Buch. Wieso nur geraten viele Mütter immer noch in eine Erschöpfungsspirale, wo doch ihre Männer ohnehin im Haushalt „helfen“ (obwohl sie mehr verdienen)? Vielleicht weil Männer sich durch diese Haltung – nämlich, dass Haushalt und Kinder eigentlich Frauenangelegenheiten sind, zu denen sie großzügiger Weise beitragen, wenn sie lieb gefragt und viel gelobt werden – weiterhin nicht zuständig fühlen? Fröhlich beschreibt diese Muster mit zahlreichen Beispielen, fügt Hintergrundinfos ein, erklärt, wie die Sozialisation dazu beiträgt, die Geschlechterrollen von vornherein wie beschrieben anzulegen, und dass von Veränderungen nicht nur die Frauen profitieren, sondern die ganze Familie. Doch sie bleibt nicht bei reiner Aufklärung, sondern bietet auch Lösungsansätze, stellt Methoden vor, wie Eingeübtes aufgebrochen und verändert werden kann. Das Buch zu lesen, weiterzugeben, zu diskutieren, ist sicher eine gute Ausgangslage und bietet gleichzeitig die Versicherung, dass es um Strukturen geht und nicht um individuelle Schwäche, wenn eine nicht mehr so weitermachen mag (oder kann).

Eva Steinheimer

Laura Fröhlich: Die Frau fürs Leben ist nicht das Mädchen für alles. Was Eltern gewinnen, wenn sie den Mental Load teilen. 192 Seiten, Kösel Verlag, München 2020 EUR 16,50