Österreich in möglicher Zukunft

Gudrun Lerchbaum hat die derzeitige politische Lage konsequent weitergedacht und ein Bild entworfen, wie es hierzulande in etwa einer Generation aussehen könnte: Die RechtspopulistInnen haben die Macht übernommen und stellen nun den Kanzler mit den blauen Augen. Die „Aufrechten“ stehen über den „Wertlosen“, MigrantInnen wurden allesamt abgeschoben, die Miliz kontrolliert das tägliche Leben. Mattea Inninger, Soldatin, glaubt an dieses System: Immerhin hörten die Leute auf, ihre Gärten zu verminen, und die ihrer Meinung nach drohende Islamisierung wurde gestoppt. Am letzten Tag ihres fünfjährigen Einsatzes in der Miliz, der auch zugleich der Tag vor ihrer Hochzeit mit einem kompatiblen Mann ist, verändert sich ihr Leben jedoch radikal: Im Drogenrausch erschießt Mattea eine Freundin und muss noch während ihrer Hochzeitsfeier flüchten, sie wird nun auch zu einer Wertlosen. Zeitgleich wird die Widerstandskämpferin Ina Matousek gesucht – und die beiden Frauen sehen sich sehr ähnlich. Mattea wird von den WiderstandskämpferInnen gerettet, aber zugleich auch zu instrumentalisieren versucht. Ihr Weltbild gerät dabei vollends ins Wanken, und langsam erschließt sich ihre eigene Geschichte. Als Heldin wirkt Mattea zunächst wenig ansprechend, wer ermordet schon eine Freundin so nebenbei? Auch fällt die Identifikation mit den anderen Figuren des Social Fiction Thrillers nicht leicht, und genau das macht das Buch zusätzlich spannend. Dieses großartige Buch ist sehr zu empfehlen! gam

Gudrun Lerchbaum: Lügenland. 426 Seiten, Pendragon, Bielefeld 2016 EUR 17,50