Pionierin lesbischer Liebesromane

„Der Kick für mein Buch ist, wie zwei Frauen unter besonderen Voraussetzungen zueinander finden und ihre Liebesgeschichte unter gemeinsamer Herausforderung verbunden ist“,sagt C a r o l i n S c h a i r e r, „Das ist der rote Faden, der stets durch meine Romane zieht und dabei meine Schreiblust aufrecht hält, wie im realen Leben, nur phantasievoller und stets mit einem glücklichen Ende.“
S c h a i r e r ist eine erfolgreiche, aber keine risikofreudige Bestsellerautorin. So hat die Diplom-Journalistin und Autorin das Schreiben ihrer Romane zu ihrem leidenschaftlichsten Hobby gemacht.
Als Kind ist C a r o l i n S c h a i r e r mit ihrer jüngeren Schwester in einem Dorf in Niederbayern aufgewachsen, auf ihrem von drei Generationen bewohnten ländlichen Hof, zusammen mit Hunden,
Katzen und Pferden. Mit ihrer Schwester und ihrem siebenjährigen Neffen, die heute noch auf dem Hof leben, versteht sie sich gut. „Ich habe immer schon gerne geschrieben“, sagt S c h a i r e r, die
von ihrer Großmutter bereits mit fünf Jahren lesen und schreiben gelernt hat. Im zweiten Schuljahr habe sie ihren ersten Roman geschrieben, bereits ihre Klassenkamerad*innen waren begeistert von ihrem literarischen Erstlingswerk, sagt S c h a i r e r. Beruflich wollte sie damals – wie die meisten aus ihrer Schule– Lehrerin werden, was ihre Eltern ihr gekonnt ausgeredet hatten. So begann sie mit dem Journalismusstudium und träumte davon, als Redakteurin beim Nachrichtenmagazin Spiegel zu arbeiten. Dieser Traum zerplatzte, nachdem sie sich unglücklich in die dort arbeitende, aber heterosexuell liebende Volontärin verliebt hatte. Die erhoffte seelische Unterstützung in der Phase ihres Coming Outs von Seiten ihrer Familie, insbesondere ihrer Mutter, blieb zunächst aus. Inzwischen jedoch – Jahre später – gibt es wieder ein gutes Verhältnis zwischen Mutter und Tochter. Auch ihre Frau sei in ihrer Ursprungsfamilie gut aufgenommen worden – und sogar die beiden Schwiegermütter pflegen untereinander engen Kontakt, sagt S c h a i r e r. Damals jedoch, mit Anfang zwanzig, zog S c h a i r e r für ein Auslandsstipendium in die Niederlande, um ihrem Schmerz der unerfüllten Liebe zu Politik. In den jahren 2002/2003 führte sie ihr weiterer Lebensweg nach führte sie ihr weiterer Lebensweg nach Wien, wo sie ihre Diplomarbeit schrieb und schließlich auch ihre Partnerin kennenlernte. In der Folge hat sie ihr Studium an einer Universität in Deutschland erfolgreich abgeschlossen. Aufgrund von rechtlichen Unregelmäßigkeiten ihrer PR-Firma, bei der sie damals beschäftigt war, hatte ihr die Finanzmarktaufsicht Ende 2004 ein Werbeverbot auferlegt. Infolgedessen nahm S c h a i r e r erneut das Schreiben als Autorin auf und reichte 2005 ihr erstes Buch mit dem Titel Die Spitzenkandidatin beim Verlag von Ulrike Helmer ein. Im Vergleich zu ihren später publizierten Romanen sei Die Spitzenkandidatin noch ein bisschen schwermütig zu lesen, und für viele Leserinnen sei das Ende enttäuschend gewesen, weil es zu keiner lesbischen Liebesbeziehung mit der Bundeskanzlerin gekommen sei, so S c h a i r e r. Seit ihrem Liebesroman Ellen hat sie also nur mehr Romane mit einem glücklichen Ende für die Hauptprotagonistinnen geschrieben. Seit dem Jahr 2008 erschienen kontinuierlich neue Romane und im Jahr 2014 wurde mit Todesursache ungeklärt ihr erster Kriminalroman im Ulrike Helmer Verlag publiziert.
In der Regel würde sie zwei Erwerbstätigkeiten nachgehen, und schaffe so zwei bis drei Romane pro Jahr. Für jedes neue Buch unterschreibt sie ihren Vertrag beim Verlag, was für die Autorin keine dauerhafte Bindung an den Verlag bedeutet. Weiters erfreue sie sich auch über Rückmeldungen seitens ihrer Leserinnen, die sich infolge des Lesens ermutigt fühlten, sich zu outen. „Natürlich hat meine Haupterwerbsarbeit immer Vorrang“, sagt S c h a i r e r, die innerhalb des kleinen lesbischen Buchmarktes als Bestsellerautorin bezeichnet wird. Die 46-jährige hat im Jahr 2009 mit Ellen ihren Durchbruch gestartet und als Pionierin der lesbischen Liebesromane den Markt dieses literarischen Angebots im deutschsprachigen Raum erobert. Zehn Jahre später, im Jahr 2019, hat sie mit ihrem Roman Meeresschwester 3einen psychologischen, heterosexuellen Roman geschrieben und bewusst darauf verwiesen. Es sei ein Versuch gewesen, sich mit ihrem Roman an einer größeren Leser*innenschaft zu orientieren. Viele ihrer Leserinnen seien davon jedoch nicht begeistert gewesen, weil in diesem Roman keine lesbischen Hauptprotagonistinnen ihr Happy End finden. Als „R o s a m u n d e P i l c h e r für Lesben“ sei sie ebenfalls kritisiert worden – aber was auch immer das Publikum von P i l c h e r s Romanen hält: P i l c h e r ist eine erfolgreiche Bestsellerautorin, weshalb S c h a i r e r diesen Vergleich als Kompliment auffasst.
Als sie ihre ersten lesbischen Liebesromane geschrieben hatte, gab es noch kaum andere auf dem Markt, an denen sie sich ein Vorbild nehmen konnte, sagt die Pionierin dieses Genres. Sie sei erfreut, vermehrt lesbische Liebesgeschichten auf dem Markt zusehen. Was jedoch die breite Palette an Kriminalromanen betrifft, zähle sie C h a r l o t t e L i n k, eine der kommerziell erfolgreichsten deutschsprachigen Autorinnen der Gegenwart, zu ihrem Vorbild, und habe von ihr gelernt, ihre Geschichten gut ineinander verflochten zu schreiben – trotz des stets gleichen Ablaufs der Handlung. Sogar S c h a i r e r Verlegerin habe angefangen, Bücher vonC h a r l o t t e L i n k zu lesen, um zu erfahren, wie S c h a i r e r stilistisch ihre Kriminalromane schreibt. In den Jahren 2014 bis 2018 hat S c h a i r e r ihre Kriminalromanserie mit der ermittelnden niederbayerischen Landärztin Gesine Hofmann als Hauptprotagonistin veröffentlicht. „Tatsächlich habe ich die Gesine-Kriminalserie nicht mehr fortgesetzt, obwohl viele meiner Leserinnen sehnsüchtig auf Fortsetzung von ‚G e s i n e‘ warten“, sagt S c h a i r e r. Im Jahr 2021 habe sie jedoch ihren neuen Kriminalroman Mehr Schatten als Licht geschrieben.
Als sogenannte Hobby-Autorin fokussiere sie ihr Schreiben auf die Liebesgeschichten von Frauen, weil einen Kriminalroman zu schreiben mehr Zeitaufwand in der Recherche bedeute. Inhaltlich lasse sie sich von unterschiedlichen Momenten inspirieren, wie beispielsweise bei ihren Spaziergängen, wo sie verschiedene Szenen in Gedanken durchspiele, was hier alles passieren könnte. Beim Anblick eines weiblichen Porträtbildes überlege sie, was diese Frau alles erlebt habe, sagt S c h a i r e r. Während ihre lesefreudigen Freundinnen ihr erstes fertig geschriebenes Manuskript zum Probelesen bekommen, gehöre ihre Lebensfrau, mit der sie seit dem Jahr 2015 verpartnert ist, weniger zu ihrem lesebegeisterten Publikum, sagt S c h a i r e r – diese fotografiert lieber in ihrer Freizeit, wie auch zum Beispiel bei S c h a i r e r s jüngster Leseveranstaltung in der Buchhandlung L ö w e n h e r z.
Seit ein paar Jahren lebt C a r o l i n S c h a i r e r mit ihrer Frau in der Stadt Salzburg, wo sie eine leitende Funktion in einem internationalen Konzern im Außendienst für den Raum Nord-West-Österreich übernommen hat. Auch das Schreiben gehe sie als Autorin diszipliniert an, um früh morgens und am Wochenende an ihren lesbischen Liebes- oder Kriminalromanen zu schreiben. Sie versetze sich in ihre Protagonistinnen hinein, um zu erfahren, was diese bei Liebeskummer fühlen oder wenn sie über etwas lange grübeln, sich Gedanken machen, die mit jenen der Autorin vergleichbar sein können, aber es seien keine autobiografischen Charaktere. Es falle ihr aber leichter, das Arbeitsumfeld eines Konzerns, wie bei Ellen in ihrem Roman, zu beschreiben als jenes einer KFZ-Mechanikerin, sagt S c h a i r e r: „Ein Teil meines persönlichen sozialen Umfelds spiegelt sich in den Liebesromanen wider. Je nach unterschiedlicher Gewichtung sind die Arbeiten meiner beiden Jobs auf den Tag gut verteilt“, sagt S c h a i r e r. Ihre Freizeitaktivitäten, wie beispielsweise gute lesbische Liebesromane lesen, sich mit Freundinnen treffen, sowie mit ihrer Frau zwei Wochen in den griechischen Tavernen bei gutem Wein im warmen Süden zu entspannen, das verlege sie auf ihre Urlaubszeit. Schließlich sei S c h a i r e r mit ihren lesbischen Liebesromanen gut in der Belletristik aufgestellt, sagt sie, die auch offen für Neues ist. So zum Beispiel würde sie sich freuen, wenn sich eine Filmproduktionsfirma einmal für eines ihrer Bücher interessieren würde. Denn gute Drehbuchromane wären für sie klar: Ellen, Küsse mit Zukunft sowieMeeresschwester. Nur leider ist der finanzielle Aufwand noch zu groß, was an der geringen Zahl guter lesbischer Spielfilme im deutschsprachigen Raum wahrzunehmen ist. „Es wäre jedenfalls ein neuer Höhepunkt in meinem Leben“, sagt S c h a i r e r abschließend, während ihre Leserinnen bereits ihren neuen lesbischen Liebesroman Mit einem Lächeln seit März dieses Jahres 2023 lesen können. „Der Ulrike Helmer Verlag publiziert seit 35 Jahren Romane, Krimis, Biografien, Sachbücher, Wissenschaft zu Frauen und Geschlechterthemen – und das mit viel Freude und Hingabe. Unabhängiges Verlegen ist heute so schwer wie noch nie, besonders für Verlage mit feministischen Anliegen. Allseits steigende Kosten, wie Papierpreise, Lager- und Energiekosten, treffen uns in hohem Maße, da nicht von allen Titeln, die wir publizieren, ein hoher Absatz zu erwarten ist“, sagt S i n a H a u e r vom Ulrike Helmer Verlag, wo alle Titel einen wichtigen kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Beitrag leisten für eine vielfältige Literaturszene. „Mit Kreativität und guten Ideen halten wir den Kopf über Wasser und freuen uns auf jeden neuen Titel im Programm, der Mut zu mehr Vielfalt und Geschlechterdemokratie macht“.