Alles „nebbich“

In einer erfrischenden Sprache schildert die junge Berliner Autorin die Strapazen ihrer Krebserkrankung. Das klingt eigenartig, aber sie schafft neben der Beschreibung der zahlreichen Schwankungen, die so eine tückische Erkrankung mit sich bringt, eine zweite Geschichte aufzubauen und das entschärft die Ängste, die mit dem Thema Krebs einhergehen. Parallel zu den beschriebenen zahlreichen Aufenthalten auf der „Hämaonko“ vertieft sich Lea in die Geschichte ihrer imposanten Großmutter, die vor einiger Zeit mit 93 Jahren verstorben ist und einen großen Koffer mit Briefen und anderen Dokumenten hinterlassen hat. Sie findet bewegende Hinweise auf vormalige Liebesgeschichten und emotionale Abrechnungen einer selbstbewussten Frau, die wenig Lust verspürte, sich mit Politik zu beschäftigen, aber es heldenhaft schafft, ihren Verlobten aus einem Arbeitslager der Nationalsozialisten zu befreien. Später wird ihre Oma Regieassistentin, obgleich sie sich als begnadete Schauspielerin fühlte. Zumindest war sie in Nebenrollen aktiv. Mit über 90 Jahren hätte sie sich gern noch auf Abenteuerreisen begeben, wenn sich die Reiseveranstalter nicht geweigert hätten, sie mitzunehmen. Der Autorin ist es gelungen, die eigene Betroffenheit der Krebserkrankung so zu vermitteln, dass sie bei aller Härte, die so eine Krankheit mit sich bringt, glaubwürdig und lesbar bleibt. Durch die aufmunternden Anekdoten einer aufmüpfigen Großmutter gewinnt die Geschichte einen erstaunlichen Charme, der die Oberhand behält. ML

Lea Streisand: Im Sommer wieder Fahrrad. 270 Seiten, Ullstein, Berlin 2016 EUR 20,60