Analyse queerer Lebensrealitäten

Jede noch so kleine Andersartigkeit kann mit Bedeutung aufgeladen und dazu benutzt werden, Menschen auszugrenzen und zu verfolgen. Kerstin Rinnert verweist auf Studien, wonach sich etwa ein Zehntel der Bevölkerung als nicht ausschließlich heterosexuell definiert. Deshalb ist davon auszugehen, dass wir in unserem Alltag mit großer Wahrscheinlichkeit, auch unbewusst, Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Interpersonen begegnen, oft ohne Einblicke in die Lebensrealitäten von LSBTIQ zu haben. In der Forschungsarbeit beschäftigt sich Rinnert im Stil der Grounded Theory deshalb mit genau diesen. Die Arbeit deckt besonders die Strategien zur Herstellung der Andersartigkeit innerhalb der Heteronormativität ab, zeigt aber auch das Finden von Gleichgesinnten, die Suche nach Identität und die Bedeutung von Zugang zu Information und der queeren Subkultur auf. Die 14 Probandinnen sprechen über ihr Aufwachsen, die Pathologisierung ihres Begehrens und die Rolle des Internets als Informations- und Konsummedium, um Anschluss an queere Subkulturen zu finden. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Goethe Universität Frankfurt liefert Kerstin Rinnert eine spannende Arbeit, die besonders im Hinblick auf ihr Forschungsfeld, die Erziehungswissenschaften, relevant ist. Leseempfehlung für jene, die mehr Einblicke in die Lebensrealität von LSBT*IQ gewinnen möchten.
P.S.
Kerstin Rinnert: Liebes Leben anders. Eine ressourcenorientierte Analyse queerer Lebensrealitäten in heteronormativen Verhältnissen.
315 Seiten, Budrich, Berlin/Toronto 2020, EUR 40,10