Anthologie

Genre – was ist das eigentlich? – und wo liegen die Grenzen zwischen ‚ernster‘, sprich kanonisierter Literatur, Unterhaltung und sogenanntem Schund? Wer bestimmt diese Wertigkeiten und wer profitiert davon? In dieser (nicht mehr ganz druckfrischen, aber immer noch aktuellen) Ausgabe unseres Lieblingsliteraturmagazins gehen die Autor:innen diesen und mehr Fragen nach und erkunden in diversen Essays und Gesprächen unter anderem das feministische Potential im psychologischen Spannungsroman, wie sich Fanfiction zum traditionellen Literaturbetrieb verhält, inwiefern Dialekt und Klasse zusammenhängen und ob Postmigrantische Literatur als Genre zu begreifen ist (Spoiler: Besser nicht.). Besonders interessant gestaltet sich ein Interview von Sabine Scholl und Jessica Beer mit der Herausgeberin Claudia Gehrke, die seit Jahrzehnten den Konkursbuch-Verlag leitet. Die drei sprechen darin über die von Gehrke initiierten Publikationen „Mein heimliches Auge und Mein lesbisches Auge“. Es handelt sich dabei um zwei Jahrbücher für Erotik, deren Seiten Platz für Lust und Literatur aus vorwiegend weiblicher, lesbischer und queerer Perspektive bieten und sich dabei im Spannungsfeld zwischen Pornografie und Feminismus bewegen. Auch im Literaturteil darf sich die Leserin diesmal über intime Einblicke freuen und kann sich wie immer ein breites Spektrum an Lyrik und Prosa erschmökern. Das Beste an PS, und in dieser Ausgabe besonders manifest: Hier werden keine Dogmen politischer Korrektheit aufgestellt, sondern vielmehr kritisch hinterfragt und komplexe Zusammenhänge in all ihren Uneindeutigkeiten und Widersprüchen dargestellt, wodurch eine wirkliche Auseinandersetzung mit den jeweiligen Themen erst möglich wird.
ReSt
PS – Politisch Schreiben. Anmerkungen zum Literaturbetrieb Nr. 7, Genre. Hg. von Kunst & Lügen e.V.. 252 Seiten, Leipzig 2022 EUR 13,00