Auf nach Reims!
Das Buch beschäftigt sich mit Phänomenen wie „Klasse“, „Schicht“, „Milieu“ und so weiter, also mit soziologisch geprägten Begriffen, die sich auf freiwillige oder unfreiwillige Positionierungen innerhalb von Gesellschaft beziehen. Wenn es krasse Wechsel innerhalb sogenannter Milieus gibt, scheinen die Prägungen der Vergangenheit immer noch die Selbstwahrnehmung in der Gegenwart stark zu beeinflussen. Die Autorin erwähnt das Buch „Zurück nach Reims“ von Didier Eribon als Bezugspunkt. Wo aber in dessen Biografie tatsächlich gravierende Wechsel gesellschaftlicher Milieus stattfinden, nämlich aus einer ArbeiterInnenfamilie zum Universitätsprofessor, wechselt die Autorin aus einem wohlsituierten bürgerlichen Umfeld in das intellektuelle der Schreibenden. Die Inspirationsquelle hat bei näherem Hinsehen nur wenig mit diesem Buch zu tun. Eher spiegeln sich darin die persönlichen Unstimmigkeiten. Auch die Haltung ist irritierend. So bedankt sich die Autorin zwar explizit bei ihren Eltern für die Erlaubnis, über sie zu schreiben. Das hindert sie allerdings nicht daran, ihre Mutter als größte Quelle der Scham in ihrer Mädchenzeit zu nennen – in erster Linie betraf sie die Leibesfülle der Mutter. Diese Artikulation bezeichnet die Autorin als feministische Geste der Körpernähe – ein Standpunkt, der nicht unbedingt nachvollziehbar ist. Lieber gleich Eribon lesen.
Susa
Daniela Dröscher: Zeige Deine Klasse. Die Geschichte meiner sozialen Herkunft. 256 Seiten, Hofmann und Campe, Hamburg 2017 EUR 20,60