Rassismus als feministische Metapher

Versklavung“, „kolonialisierte Körper“, „Befreiungskampf“: Auf Metaphern wie diese griff die Neue Frauenbewegung in den 1970er-Jahren sehr oft zurück. Feministische Politik suchte Entsprechungen zwischen Rassismus und Sexismus zu formulieren, Frauen* entwarfen Utopien von Freiheit in anti-imperialistischen Sprachfiguren. Mehrheitlich ging (und geht) damit nicht unbedingt ein reflektiertes Verhältnis zu Kolonialismus einher, und antirassistische Kämpfe in feministischen Communities blieben schwierig. Elemente dieser Prozesse, die in vielen westlichen Ländern ähnlich verliefen, analysiert die Autorin hier für den spezifischen Kontext der (nach-)kolonialen Geschichte Frankreichs. Sie legt dar, wie Theoretiker*innen und Aktivist*innen – vor allem in feministischen Zeitschriften – seit den 1980ern und verschärft wiederum nach 2000 „postkoloniale“ Themen debattierten, etwa Klitoridektomie, Kopftuchverbote, nationale Reproduktionspolitik und die Situation von aus ehemaligen Kolonien immigrierten Frauen*. Aline Oloffs Dissertation ist eine sehr respektable und wichtige Arbeit. Allerdings bleibt auch der Leseeindruck einer gewissen Leblosigkeit. Das Buch vermittelt (mir) zu wenig davon, was „Frauenbewegung“ in den 1970er-Jahren in Frankreich bedeuten mochte; was intersektionelle Aktivismen und ihre Kontroversen heute eigentlich in Gang hält; und wie die materielle Praxis des „bewegten“ Zeitschriften-Machens aussieht, die einen feministischen Text ja überhaupt erst zugänglich macht.

Hanna Hacker

Aline Oloff: Die Sprache der Befreiung. Frauenbewegung im postkolonialen Frankreich. 238 Seiten, transcript, Bielefeld 2018 EUR 24,99