Subjektgenese durch Verlust

Feministische Theorie und Psycho­analyse sollen in diesem Buch mitsamt ihrer wechselhaften Geschichte neu zusammengedacht werden. Die AutorInnen versuchen eine Rückkehr zu Freud in einer zeitgenössischen Auseinandersetzung. Anhand dieser stellen sie fest, dass mit dem Prozess der Vergeschlechtlichung – der gleichzeitig ein Prozess der Subjektwerdung ist – immer eine Verlusterfahrung einhergeht. Im Prozess der Vergeschlechtlichung müssen Bindungen, Wünsche und Phantasien aufgegeben werden. Insofern geht ein Riss durchs Geschlecht und durch das Subjekt. Diese Effekte der Subjektgenese werden im Spannungsfeld gesellschaftlicher Strukturen betrachtet – so auch der aktuellen politischen Situation der Restauration von Geschlechterrollen und der Renaturierung von Erklärungszusammenhängen im Zuge rechter Politik in Europa und den USA (diesen Beitrag des Bandes finde ich aufgrund des politischen Bezugs besonders interessant). Das thematische Feld wird in drei Themenblöcken bearbeitet: Im Block „Sozialisation“ stehen die Aspekte Verlust und Identifizierung im Vordergrund. In den „Positionsbestimmungen“ geht es um die verschiedenen Ansätze innerhalb der feministischen Psychoanalyse und im Block „Normierungen“ wird ein Blick auf die Praktiken und Diskurse das Subjekt betreffend geworfen, denn die Normierungen gehen durch das Subjekt hindurch. Der Band ist ausschließlich für ein Fachpublikum geeignet, das an feministischer psychoanalytischer Theoriebildung interessiert ist.

Susanne Schweiger

Der Riss durchs Geschlecht. Feministische Beiträge zur Psychoanalyse. Hg. von Charlotte Busch, Britta Dobben, Max Rudel und Tom Uhlig. 237 Seiten, Psychosozial Verlag, Gießen 2018 EUR 30,80