Bunt, streitbar, Vorbild

Renée Schröder ist ein Farbklecks. In ihrer Kindheit galt sie als „unerziehbare“ Tochter luxemburgischer AuswandererInnen in Brasilien. Während ihre Freundinnen am Weg zur Hausfrau und Mutter waren, wollte Renée Astronautin werden. 1967 übersiedelt die Familie nach Bruck an der Mur. Eine kleine, farblose Welt. Renée nimmt sich und bekommt viele Freiheiten. Schülerinnen und Schüler gründen in der 1968ern einen Club, diskutieren über Politik, Frauenrechte, den Stellenwert der Religion. Nach dem Gymnasium geht es ins Wien der grauen 1970er und 1980er Jahre zum Chemie-Studium, damals eine Männerdomäne. Intellektuell ausgedünnte Universitäten, die Labore veraltet, Forschung und Lehre irgendwie auch. Renée war vom Fach fasziniert. Sie wollte dem Ursprung des Lebens auf den Grund gehen. Die Molekularbiologie kam auf, der Wissenszuwachs war enorm. Doch Wien hinkte hinterher. Während der Dissertation begannen daher die „Wanderjahre“ nach München, Paris und in die USA, wo sie sich fachlich entwickeln konnte und role models fand. Zurück in Wien nahm ihre wissenschaftliche Karriere rasant, aber nicht ohne Kampf, Fahrt auf. Renées Eigensinn ermutigte und schreckte ab. Sie erklomm die Spitze, als international anerkannte Wissenschaftlerin, Professorin, Wittgenstein-Preisträgerin. Seit ihrer Pensionierung ist Renée Schröder Landwirtin auf einem Salzburger Bergbauernhof, den sie mit ihren Söhnen teilt. Ein Bauernhof mit Labor, in dem die Professorin die Kraft alpiner Heilkräuter erforscht.

Rosemarie Zehetgruber

Ursel Nendzig: Renée Schroeder. Alle Moleküle immer in Bewegung. 219 Seiten, Residenz Verlag, Salzburg/Wien 2019 EUR 24,00