Clownin aus Leidenschaft

Gardi Hutter eroberte vor 40 Jahren die Bühnen mit der „tapferen Hanna“, einer Clownin, die aus dem Muster bricht. Sie hat es immer schon als ungerecht empfunden, dass die Komik den Männern vorbehalten ist: Männer sind komisch, Frauen tragisch. Ihre Befreiungsgeschichte macht deutlich, wie pionierhaft die Clownfrau ist. Mit dickem Bauch, schrulliger, lieber, politischer Art und fern von allen Schönheitsidealen verzaubert sie das Publikum und zieht es in den Bann. Nun blickt die mittlerweile 68-Jährige auf ihr Leben zurück und lässt es von der Historikerin Denise Schmid niederschreiben. Es ist ein multiperspektivischer Blick auf die Clownin, da zahlreiche Weg- und LebensgefährtInnen zu Wort kommen. Im St. Gallischen Altstätten geboren, wächst Gardi Hutter mit drei Brüdern, ländlich und streng katholisch auf. Von der 68er Bewegung wird sie mitgerissen. Sie ist links politisch, feministisch aktiv und eine Rebellin. Beim Studium der Theaterpädagogik wird ihr gleich zu Beginn kommuniziert, dass sie zu klein sei und keine Hauptrolle spielen könne. Das kratzt an ihrem Selbstwertgefühl, aber hält sie keineswegs von ihrem Weg ab. Sie lebt in Paris, Rom und Mailand, entwickelt eine erfolgreiche Clownfigur, heiratet, bekommt zwei Kinder und lässt sich wieder scheiden. Die 400 Seiten Lebensgeschichte werden mit vielen Bildern untermauert und im Anhang befindet sich das Werkbuch „Die Schneiderin“, in dem Hutter die Entwicklung eines Stückes von Anfang an niederschreibt. Die Biografie einer mutigen und offenen Frau, die sich aus festgefahrenen Strukturen befreit.

Julia Raschenhofer

Denise Schmid: Trotz allem. Gardi Hutter. 400 Seiten, Hier und Jetzt, Zürich 2021. EUR 41,20