Ihr seid doch alle klein!

Bereits zum dritten Mal wurde Anna 1 1959 zur Tannenkönigin von Bad Hohenheim gekürt. Sie konnte sich somit großer Beliebtheit im Dorf erfreuen. Als relativ groß gewachsene Frau hat sich Anna 1 natürlich einen noch größeren Mann suchen müssen, was möglicherweise der Grund für das absolut unübliche Wachstum der Tochter, Anna 2, gewesen sein könnte. Die Tochter überragt einfach alles und jede*n im kleinen Bad Hohenheim, und so verwundert es nicht, dass sich Anna 2 nach dem Abitur gleich auf in die große Stadt macht. Wenig später kehrt sie allerdings mit Anna 3 im Gepäck wieder ins Dorf zurück, wo sie von ihrer Mutter nur mäßig begeistert empfangen wird. Auch Anna 3 droht das Dorf und seine Bewohner*innen bald zu überragen. Mia Oberländer zeichnet mit viel Witz und Ironie eine Geschichte über verkalkte Körpernormen und die Schwierigkeit, sich dieser zu entledigen. Gleich über drei Generationen hinweg spannt Oberländer in kindlich anmutenden Textelementen gepaart mit sehr diversen und eigenständigen Illustrationen den Bogen der Erzählung. Oft überzeichnet und surreal anmutend untermalen die Illustrationen die Situationen und Konversationen zwischen den Charakteren, die meist von Unverständnis und reichlich wenig Empathie gezeichnet sind; ganz nach dem Motto – „darüber spricht man nicht“ & „was sollen denn die Nachbarn denken?“. Mit einer Art lautstarkem Befreiungsschlag scheinen sich zumindest Anna 2 und Anna 3 von den engen und klein(bürgerlich)en Normen lossagen zu können.

Miriam Danter

Mia Oberländer: «Anna». 220 Seiten, Edition Moderne, Zürich EUR 25,00