Modernes Frauenleben um 1920/30

Dieser erstmals 1931 erschienene Roman erstaunt aufgrund seiner Modernität und der Selbstverständlichkeit, mit der die Autorin von unabhängigen Frauen und lesbischer Liebe schreibt: Die Protagonistin Patience macht Abitur, während sich Deutschland noch im Ersten Weltkriegs befindet. Als Tochter einer Engländerin, die noch dazu aus einer adeligen Familie stammt, kann sie nirgends wirklich Anschluss finden. Selbst ihre beste Freundin und spätere Geliebte Grete, ihrerseits glühende Sozialistin, bekrittelt sie ob ihrer Herkunft. Doch Patience geht unbeirrbar ihren Weg: Sie will Journalistin werden und lässt sich davon weder von äußerlichen noch von persönlichen Schwierigkeiten abhalten. Der Roman lässt sich aufgrund seiner lockeren Sprache zügig lesen und gibt trotz seiner Leichtigkeit einen interessanten Einblick in die deutsche und britische Gesellschaft der 20er und 30er Jahre. Dabei werden die Entwicklungen des damaligen Zeitgeists, insbesondere die Philosophie der „Neuen Sachlichkeit“, am Beispiel einer emanzipierten jungen Frau nachgezeichnet, deren Leben eindeutige Parallelen zur Biografie der Autorin Margaret Goldsmith aufweist. Die schön gestaltete Neuauflage dieses schwungvollen Romans wurde mit einem ausführlichen Nachwort zur Autorin versehen, auf deren Werk einen Blick zu werfen sich allemal lohnt.
ReSt
Margaret Goldsmith: Patience geht vorüber. 221 Seiten, Aviva Verlag, Berlin 2020, EUR 19,00