Vom Zwiespalt des Frauseins

Gnadenlos und doch mit viel Humor verknüpft die Israelin Liat Elkayam drei Stationen (Hochzeit und Flitterwochen-Frühchenstation-Nachtclub) im Leben einer jungen Frau in ihrem Debütoman, der in Israel ausgezeichnet wurde. Eine misslungene Hochzeitsfeier und unromantische Flitterwochen lassen eine gewisse Leere und die Sinnlosigkeit von sozialen Ereignissen aufkommen. Die Protagonistin, erpicht auf unerfüllbare Perfektion, befindet sich in ewigem Zwiespalt zwischen „dem Rhythmus des Herzschlags und dem Tyrannen, das drängelnde Hirn“ (p.43). Im Kapitel „Die Säuger-Maschine“ wird die Funktion des weiblichen Körpers zum großen Thema. Die Tochter von Michal und Jonatan kommt viel zu früh auf die Welt und befindet sich auf der Frühchenstation. Schneider, die Mutter (so heißt sie in diesem Teil) wird zur Milchabpumpmaschine reduziert. Die Sorge um ihr Kind im Brutkasten, Schmerzen sowie Angst vorm Versagen ihres Körpers durchziehen die Erzählung. Der dritte Teil, der Michy (Michal) in den „Club Love Limbo“ führt, ist wie ein interaktives Spiel. Die Erzählerin – gespalten in ein denkendes „Ich“ und in ein fühlendes „Es“ – bringt die Leserin selbst in einen Konflikt, da verschiedene Wege der Lektüre angeboten werden. Die nachvollziehbare Sehnsucht Mickys, etwas zu erleben, die Vernunft es nicht zu tun, Ecstasy ja oder nein, Jonatan – Vater ihrer Tochter – zu betrügen oder nicht, ist komplex und spannend dargestellt. Das Ende ist der Anfang von…?
Dorothea Schaffernicht
Liat Elkayam: Aber die Nacht ist noch jung. Aus dem Hebr. von Gundula Schiffer, 404 Seiten, Antje Kunstmann, München 2020, EUR 25,70