Postmigrantische Theorien und Praxis

Die Bedeutung des Wortes „postmigrantisch“ und die Anwendungsfelder des „postmigrantischen“ Theoriengebäudes werden zu Beginn überzeugend dargestellt. Was Leserinnen eingangs als theorielastig erscheinen könnte, wird spätestens beim Lesen der Beiträge mit Leben und Alltagstauglichkeit gefüllt. So liefert Kathy Davies‘ Beitrag zu „Intersectionality as critical methodology“ Handlungsanleitungen für das Einsetzen von Intersektionalität als methodisches Rüstzeug. Insgesamt können Leserinnen aus der Fülle der 18 deutsch- und englischsprachigen Beiträge schöpfen. Inspirierend für Reflexionen zur intersektionalen „Erweiterung“ von Gendertheorien fand ich den Text von Rudolf Leiprecht zu „Rassismus und Sexismus“. Er verdeutlicht mit klar strukturierten Grafiken gesellschaftliche Anordnungen, Zuordnungen und Herrschaftsmuster. Rassismus, Diversität und Intersektionalität werden in ihrer Entwicklung beschrieben und mit Blick auf einen herrschenden „Wohlfahrtschauvinismus“ diskutiert. Ebenso waren die Beiträge von Kira Kosnichk – „Mobiles Altern“ und von Christine Riegel – „Hegemoniale Bilder durchque(e)ren“ für mich und meine Arbeit aktuell relevant. Der Sammelband bietet die Möglichkeit, sich institutionellen und fachlichen Herausforderungen von „Migration in die postmigrantische Gesellschaft“ (Beitrag von Juliane Karakayali) zu stellen und deren Umsetzung zu befördern. Er ist für Leser*innen empfehlenswert, die sich in die Thematik einlesen (wollen) und lässt sich „portionsweise“ lesen. Er kann allen empfohlen werden, die eine Auseinandersetzung mit (Alltags-)Rassismen, ihren Strukturen und „Niederlassungen“ suchen. Es lassen sich mit Gewissheit Anwendungsfelder der gewonnenen gendertheoretischen und postmigrantischen/-strukturalistischen Erkenntnisse finden.
Gerlinde Mauerer
Postmigrantisch gelesen: Transnationalität, Gender, Care. Hg.von Katrin Huxel, Juliane Karakayali u.a. 328 Seiten, transcript, Bielefeld 2021, EUR 40,00