Texte der „Neuen Modernen Frau“

Wie so viele andere Frauen* sind auch sie in Vergessenheit geraten: die österreichischen Autorinnen der Zwischenkriegszeit. Dabei waren es viele, die zwischen den zwei Weltkriegen literarisch aktiv waren – teilweise (wie bspw. Veza Canetti oder Vicky Baum) gelangten sie damals zu Bekanntheit/Beliebtheit und sind im Nachhinein vergessen worden, teilweise waren sie ein Leben lang unentdeckt und unsichtbar. Die 20er/30er Jahre gelten als Jahre des Aufschwungs, des Aufbrechens der Geschlechterrollen, der Emanzipation der Frauen*, der Moderne und Selbstbestimmung. Gleichzeitig ist es eine Zeit der sozialen, ökonomischen Misere, der Reaktion und des Aufkommens des Faschismus. Mit viel Witz, Esprit, Ironie und Kraft geben die Autorinnen* ein Zeugnis der damaligen Zeit ab, das aktueller nicht sein könnte: sie schreiben über die Ausbeutung von Arbeiterinnen*, prekäre Arbeitsverhältnisse und politische Organisierung, über gesellschaftliche Zwänge, Geschlechterstereotype und Rollenklischees, über Schönheitsideale, Erwartungen und Ansprüche an die „neue Frau“. „Um wie viel Leben werden wir Frauen doch betrogen“, konstatiert Lina Loos treffend in einem kurzen Essay. Die Leserinnen* wurden lange betrogen um diese literarischen und zeitgeschichtlichen Schätze. Ein Glück, dass vorliegende Anthologie diese aus der Vergessenheit hervorgeholt und zugänglich macht hat.

Maria Hörtner

„Mein Leben sieht genauso aus wie ich“. Österreichische Autorinnen der Zwischenkriegszeit. Ein Lesebuch. Hg. von Katharina Manojlovic und Kerstin Putz. 349 Seiten, Jung und Jung, Salzburg 2021 EUR 25,00